Leistungsschutzrecht – einfach erklärt

CC-BY SteFou!

Ich habe heute gefühlte zwei Millionen Tweets bekommen, die mich zur Zeichnung der Petition gegen das Leistungsschutzrecht aufforderten. Schön, da geht was. Aber wenn wir uns jetzt gegenseitig zuspammen, dann bleibt das Ding in der Filterbubble hängen und erreicht niemals die 50.000 Stimmen.

Also raus! Erklärt Euren Freunden, Familien und Nachbar Müllers Stammtisch, um was es geht. Das Ding muss breiter aufgestellt werden.

Erstes Argument: Die Politik will den großen Verlagen Geld in den Rachen schmeissen, indem sie ein Gesetz verabschiedet, das Gebühren auf Überschriften und Anreißertexte erhebt. Die ticken doch nicht mehr richtig!

Die Argumentationslinie von Sascha Lobo habe ich nochmal etwas vereinfacht:

Das Leistungsschutzrecht erhöht für Internet-Nutzer die Chance, abgemahnt zu werden. Es schafft nämlich Unklarheit, was für wen unter welchen Umständen lizenzfrei erlaubt ist und was nicht – eine Unklarheit, die langwierig und damit teuer gerichtlich zu klären sein würde.
Vereinfacht: Mit diesem Gesetz kannst sogar Du Stress mit Anwälten bekommen, nur weil die Verlage Gesetzesgeschenke bekommen.

Wegen des Leistungsschutzrechts könnte Google aufhören, alle Seiten von Verlagen zu durchsuchen. Wie sollen Nutzer Presseartikel etwa zum Thema Finanzkrise finden – wenn nicht über Google? Es droht die völlige Unauffindbarkeit des deutschen, professionellen Journalismus im Netz.
Vereinfacht: Wenn´s hart auf hart kommt, findet man wegen diesem Scheissgesetz überhaupt keine Nachrichten mehr im Netz.

Wegen des Leistungsschutzrechts dürfte Google aber auch sämtliche Seiten auslisten, die auch nur im Zweifel lizenzpflichtig sein könnten. Und das kann sehr viele treffen – zur Erinnerung: in Deutschland kann ein Blog bereits als kommerzielle Publikation gelten, wenn es Affiliate-Links von Amazon einbindet.
Vereinfacht: Das Gesetz richtet sich sogar gegen kleine Blogger, die Internettagebücher schreiben.

Im einem Entwurf des Leistungsschutzrechts ist von “Aggregatoren” die Rede. Es ist juristisch völlig unklar, ob davon auch Facebook und Twitter betroffen sind, die teilweise aggregatorisch funktionieren. Das könnte bedeuten, dass alle Seiten, die irgendwie verlagig riechen, auch dort ausgelistet werden. Mark Zuckerberg wird niemals dafür bezahlen, wenn ein Facebook-Nutzer eine Seite verlinkt und deshalb ein Textschnipsel auf Facebook erscheint.
Vereinfacht: Das Gesetz ist Wischi-Waschi formuliert und voller Gummiparagrafen.

Wenn das Leistungsschutzrecht kommt, könnte es – je nach Googles Entscheidung – den Suchkonzern sogar stärken. Denn nur Google könnte sich Lizenzgebühren überhaupt leisten, der monopolhafte Such-Marktanteil von 96% wäre auf ewig zementiert. Und das, wo es mit dem Übernetzkonzern Google eine Vielzahl von drängenden Problemen gibt – auch solche, die politisch dringend geklärt werden müssten: Transparenz, Marktbeherrschung, Abhängigkeit ganzer Branchen von einer handvoll Google-Ingenieure, Privatsphären-Probleme und vieles mehr.
Vereinfacht: Und am Ende nutzt dieser Schmarrn dann sogar noch Google….

Es ist völlig ungeklärt, welche Rolle die Brüder von Klaeden beim Leistungsschutzrecht gespielt haben: Eckart von Klaeden ist im Kanzleramt angesiedelt, dort wurde dieses Thema maßgeblich vorangetrieben. Sein Bruder Dietrich von Klaeden ist beim Axel-Springer-Verlag dafür abgestellt, das Leistungsschutzrecht herbeizulobbyieren. Ist da ein anwidernder Fall von brüderlicher Politmauschelei im Gang?
Vereinfacht: Das Leistungsschutzrecht ist Vetternwirtschaft auf dem Rücken der kleinen Leute.

“Vor einem Wahljahr legt sich niemand mit der Springer-Presse an”, dieser Satz eines hochrangigen Politikers ist in meinem Beisein wörtlich gefallen – und gedacht wird er überall. Zu plastisch ist der genüssliche Wulff-Abschuss der “BILD-Zeitung” in Erinnerung. Wo fängt Erpressung an? Ab welchem Punkt kuschen demokratisch gewählte Volksvertreter vor einer Boulevard-Macht, weil sie Angst vor wahlentscheidender Vergeltung haben? Und wie erbärmlich rechtsstaatsunwürdig wäre das bitte? Steckt denn in den bürgerlichen Parteien kein Funken Law-and-Order-Bewusstsein mehr?
Vereinfacht: Die Politiker haben doch alle Angst vor der Bild und schenken Ihnen deshalb das Leistungsschutzgeld.

Und noch eine Bitte an die Freunde von Petitionen: bevor ihr dieses politische Tool nutzt, denkt drei mal nach, fragt fünf Freunde oder politische Bündnispartner. Denn, wenn es doof läuft kann dieses manchmal nützliche Tool sich auch gegen Euch wenden („die konnten nur 12.000 Unterschriften sammeln…“)

Und noch was: Petitionen sind immer mächtiger, wenn keine Parteien das einreichen. Ist doch nicht so schwer!

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