PRISM – bei uns schon Realität?

CC-BY-NC-SA William Cromar

Der Aufschrei über die geheime Überwachung der Telekommunikation in den USA ist zu Recht groß. Doch welche der aufgedeckten Maßnahmen werden eigentlich bei uns jetzt schon durchgeführt?

Die Zeit schreibt:

Der US-Geheimdienst NSA sammelt Gesprächsdaten von Millionen Kunden des amerikanischen Telekommunikationsunternehmens Verizon. Das erlaubt ihm eine geheime gerichtliche Anordnung vom April, berichtet der britische Guardian. Der Netzbetreiber sei darin verpflichtet worden, drei Monate lang Vorratsdaten zu speichern. Weiter heißt es, Verizon müsse täglich Informationen zu allen Telefonanrufen innerhalb der USA sowie zwischen den USA und anderen Ländern übermitteln.

Das ist die klassische Vorratsdatenspeicherung, wie sie bei uns von der CDU und weiten Teilen der SPD vollkommen mitgetragen wird. Mit dem Unterschied, dass die Daten bei uns für sechs statt drei Monate ohne jeden Verdacht auf Vorrat gespeichert werden sollen. Hierzu will die EU 2013 eine neue Richtlinie vorlegen. Die Vorratsdatenspeicherung ist in ihrer bisherigen Form vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden, ein neues Gesetz gibt es noch nicht.

In Sachen automatischer Schnittstellen zur Telekommunikationsüberwachung ist Deutschland mit der Bestandsdatenauskunft dem Status Quo in den USA ein deutliches Stück näher gekommen, wie die Wikipedia weiß:

Automatisiertes Auskunftsverfahren (§ 112): Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt, hat die Bestandsdaten unverzüglich in Kundendateien zu speichern, auf welche die Bundesnetzagentur jederzeit automatisiert zugreifen kann, ohne dass der Anbieter davon Kenntnis erlangt. Die Bundesnetzagentur darf Daten aus den Kundendateien nur abrufen, soweit die Kenntnis der Daten erforderlich ist

Manuelles Auskunftsverfahren (§ 113): Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, hat auf Verlangen der zuständigen Stellen im Einzelfall unverzüglich Auskünfte über Bestandsdaten zu erteilen, soweit dies für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes erforderlich ist.

Beschlossene Neuregelung im Jahr 2013: Polizei und Geheimdienste sollen nach einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes in Paragraf 113 durch den Bundestag am 22. März 2013 künftig sehr persönliche Informationen von Mobiltelefonbesitzern und Internetnutzern abrufen dürfen und das automatisiert und ohne größere rechtliche Hürden.[14] Der Bundesrat stimmte dem am 3. Mai 2013 zu. Nach Meinung der Kritiker dieser Gesetzesänderung sollten PIN, Passwörter und IP-Adressen hingegen überhaupt nur herausgegeben werden, wenn wegen einer schweren Straftat ermittelt wird.[15][16]

Und der BND liest beim Internetverkehr auch kräftig mit:

Bis zu 20 Prozent des Datenverkehrs, der bei deutschen Providern durch die Leitungen und über Landesgrenzen rauscht, wird vom Bundesnachrichtendienst ausgewertet. Die Provider stellen eine Schnittstelle bereit, der Geheimdienst liest den Internet-Verkehr mit. Rund 37 Millionen E-Mails wurden so im Jahr 2010 abgefischt und ausgewertet.

Dazu auch Zeit und Stadler.

Dies sind nur ein paar schnell recherchierte Parallelen. Mit Funkzellenüberwachungen und -abfragen und vielen weiteren Befugnissen (siehe auch Chronik der Überwachungsgesetze) sind wir hier leider genau auf dem selben Weg wie die USA. Bevor wir uns also weiter über die bösen Big Brother Amis aufregen, können wir auch direkt anfangen vor der eigenen Haustüre die Grund- und Freiheitsrechte zu verteidigen. Gerne international, zusammen und solidarisch mit Bürgerrechtler/innen auf der ganzen Welt.

Anmerkung: Der Artikel ist mit schneller Feder und wenig Zeit entstanden. Erweiterungen und Korrekturen gerne in den Kommentaren.

4 Kommentare

  1. jfml says:

    Danke dafür, hat jemand Erfahrungen/Tipps für VPNs?

  2. martin däniken says:

    Mal angenommen ich bin ein amerikanischer Patriot. Habe ein bisserl Kleingeld und mich nervt das irgendwelche Ü-ausschüsse gute?! Geheimdienstarbeit ans Licht zerren oder die freie Presse mit Hilfe der Whistleblower die Demokratie kaputt machen..;-)-jedenfalls meine Art Demokratie zuverstehen! Also jedes Jahr werden einige Leute aus diversen Gründen aus Behörden oder dem Militär entlassen die sich mit Internet oder Datensicherheit auskennen.Was hindert mich daran sich die besten auszusuchen und meinen eigenen „kleinen“ Dienst aufzumachen??? Die Leute gutzubezahlen und meine eigene Geheimpolitik zubetreiben bei einer gewissen notwendigen Vernetzung mit gleichgesinnten und einflussreichen Mitmenschen…Was uns evtll bei Buchreihen (Paul Edwards John Eagle)oder Fernsehserien/Filmen gefällt könnte in Wirklichkeit sehr hässlich werden.
    Aber ich bin weder ein patriotischer Reicher noch ein Verschwörungstheoretiker so seltsam das klingt.Aber die Frage was geschieht mit den ganzen Spezialisten?

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