SPD-Telefonstreich: Mit dem BKA gegen Satire

GNU Christoph F. Siekermann

Gestern abend überschlugen sich gleich mehrere Medien: Zeit Online, Stern.de und Bild berichteten von einem großangelegten Hackerangriff auf die Telefonanlage der SPD-Zentrale. Von dort hätten die Eindringlinge dann SPD-Mitglieder angerufen, die sich gegen das Mitgliedervotum gestellt haben – und auf diese angeblich Druck ausgeübt.

Andrea Nahles war „empört“, sprach gar von einem „kriminellen Akt“. Und dann gingen mit der SPD wohl die Gäule durch: kurzerhand wurde das Bundeskriminalamt (BKA) eingeschaltet, wie Medien berichten.

Doch scheinbar ist die SPD einer Kommunikationsguerilla-Aktion der Hedonistischen Internationale aufgesessen. Diese bekennt sich mit einem „Kommando Gerhard Schröder“ zu den Telefonstreichen:

„Beim Mitgliedervotum darf nichts anbrennen. Deshalb haben wir das Vorgehen des Vorstandes konsequent zu Ende gedacht. Das ist lupenreine SPD-Demokratie.“

In einem lesenswerten Interview mit der taz macht ein Mitglied des Gerhard-Schröder-Kommandos klar, worum es ihnen geht:

Was haben Sie den Leuten erzählt?

Wir haben nur die Positionen des SPD-Vorstands wiedergegeben. Diese haben wir aus Statements in der Presse entnommen und aus der Musterrede, die die Partei zuletzt an SPD-Funktionäre verschickt hatte. Und wir haben verdeutlicht, dass ein „Nein“ undemokratisch sei, die 150-jährige Geschichte der SPD bedrohe und dass sich Nein-Sager ins innerparteiliche Abseits bewegen könnten. Das alles haben wir mit Zitaten von Willy Brandt angereichert. Das kommt bei uns Sozialdemokraten immer gut an.

Sagen Sie mal was Ihr schönster Satz war.

Denke an Willy Brandt. Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört. Das kannst du durch dein „Ja“ möglich machen. Komm, lass uns möglichst viele Genossen für dieses große Projekt mitnehmen.

Sollte die Hedonistische Internationale tatsächlich hinter den Anrufen stehen, geht jetzt die SPD mit dem BKA gegen harmlose Satire vor.

Die Spaßguerilla-Truppe war in den letzten Jahren immer wieder mit lustigen Aktionen aufgefallen: so meldeten die Aktivisten eine falsche Pro-Guttennberg-Demo an, stürmten nackt Nazikneipen oder schoben dem ARD-Magazin Polylux einen falschen Protagonisten unter.

Mittlerweile sagt übrigens auch die SPD, dass es sich nicht um einen Hack der Telefonanlage handelt. Wie Netzpolitik berichtet, hat das falsche Anzeigen von Rufnummern wenig mit Hacken zu tun:

Ein Hack der SPD-Telefonanlage ist in diesem Fall unrealistisch. Wahrscheinlich wurde lediglich die Absender-Telefonnummer in einem VoIP-Telefon anders eingestellt. Dazu muss man kein Hacker sein, das kann auch ein Kind mit rudimentären Telefonkenntnissen machen.

Ein Kommentar

  1. Steffen says:

    Etwas grenzwertige Aktion in der medialen Wahrnehmung aber durchaus geeignet die derzeitige Politik und Kommunikation in der SPD bloßzustellen…

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