Am Ende kommt Axel Springer

Aus der Lou Canova-Kolumne in der Uncle Sally´s:

Kürzlich hat der Rundfunk Berlin-Brandenburg – gerne auch RBB genannt – beschlossen, aus Spargründen die ARD-Sendung „Polylux“ einzustellen. Die klassische Reaktion der privatwirtschaftlichen Printmedien auf diesen Entschluss war Häme und Spott: Mit Genuss machten sich die Feuilletons von FAZ und Co. über das Format an sich her und feierten den längst überfälligen Schlussstrich unter dieses alternative Sendekonzept. War Polylux tatsächlich so schlecht? Immer gewesen? Oder doch nicht?

Ich bin wahrlich kein Polylux-Anhänger und als vor einigen Wochen die Polylux-Redaktion durch ein Kommando der so genannten Hedonistischen Internationalen – im Netz zu finden unter hedonist-international.org – mit einer gefakten Story blamiert worden war, konnte auch ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Wer ist schon so blöd und glaubt die Geschichte eines Übergewichtigen, der allein durch die Einnahme von Speed abnehmen will? Die Polylux-Autorin hat es nicht nur geglaubt, sondern daraus auch einen Beitrag gemacht und gesendet. Schon ein bisschen blauäugig. Schon ziemlich Polylux.

Aber: In Zukunft wird es solche und auch ganz andere Beiträge nicht mehr geben. Und irgendwie kann ich darüber nach einigem Nachdenken überhaupt nicht darüber lachen oder gar der Fraktion der Polylux-Hasser nickend beipflichten. Denn mit Polylux wird jetzt ein Format zu Grabe getragen, das es im deutschen Fernsehen kein zweites Mal gibt. Auch wenn 99% der Inhalte irgendwie etwas mit Berlin zu tun hatten und alles, was in der Sendung stattfand, zum Trend ausgerufen wurde – hier wurden im Gegensatz zum restlichen Fernsehprogramm Themen aufgegriffen, die niemand sonst gesendet hätte. Klingt ein bisschen wie Offener Kanal auf hohem Niveau und vielleicht war es das ja auch ein bisschen. Und ja, die Moderatorin war ganz schön anstrengend, wenn sie im stets gleichen verschwörerisch-ironischen Ton die Sendungsbeiträge ankündigte und dabei meistens so wirkte, als ob sie den ganzen Quatsch selbst nicht ernst nehmen würde.

Die größte Angriffsfläche für Kritik aus allen Ecken bot Polylux aber nicht durch vermeintlich schlecht recherchierte Beiträge, sondern durch seine Nähe zu vielen alternativen Kulturszenen. Über Polylux und nur über Polylux konnten sich viele aufregen, weil sie hier thematisch stattfanden und zwar nur hier. Während nämlich SAM, Taff, Brisant, Explosiv, SternTV und das Sat.1-Frühstücksfernsehen nur über massenkompatiblen Scheiß berichten, hat die Polylux-Redaktion es immerhin kontinuierlich versucht, alternativ zu sein und Bewegungen wie der Hedonistischen Internationalen ein Forum zu geben. Für den gescheiterten, immerhin elf Jahre andauernden Versuch, ein Massenmedium alternativ zu bespielen, wird Polylux jetzt belächelt. Das hat es nicht verdient. Wer beim Untergang von solchen Sendungen Beifall klatscht, bekommt früher oder später das Format, was er verdient: Die BILD-Zeitung. Wollen wir das wirklich, fragt

*Lou Canova

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