Megaspree: Warum die radikale Linke sich nicht ins Abseits manövrieren sollte

Für alle, die keine Ahnung vom Themenkomplex Mediaspree haben – eine kleine Zusammenfassung: Berlin plant unter dem Namen Mediaspree die großflächige Zubetonierung an der Spree zwischen den Bezirken Kreuzberg und Friedrichshain. Momentan gibt es dort jede Menge Strandbars, Wagenburgen und so weiter. 2008 gab es einen Bürgerentscheid, bei dem 87 Prozent gegen Mediaspree gestimmt haben. Der Senat will das Ding aber weiter durchziehen, deswegen gab es am 11. Juli (also praktisch zum Jahrestag der Abstimmung) eine Demo. Diese Demo wurde maßgeblich aus der Club- und Nachtlebenszene heraus organisiert und brachte zwischen 5000-8000 Menschen auf die Straße.

So, jetzt kommen wir zum Thema.

Von Teilen der Berliner linken Szene wurde diese Demo abgelehnt. Begründung: das Bündnis sei kommerziell und lehne den Kapitalismus nicht ab, sie diene der Profitsicherung. In Kommentaren bei Indymedia kann man lesen, dass es ja keine Demo, sondern ein Parade gewesen sei. Dass es den Leuten um Spaß gehe.

Sicherlich, das Megaspree-Bündnis kann man kritisieren. Für zuviel Selbstdarstellung von Clubs, für fehlende Redebeiträge während der Demo, für eine sonderbare Bündnispolitik. Welcher Idiot kam eigentlich auf die Idee den Edelschuppen Spindler&Klatt für das Bündnis zu mobilisieren? Hier sollte das Megaspree-Bündnis klar definieren, wer mitmachen soll und was erreicht werden soll. Hier muss Megaspree auch auf die radikale Linke zugehen. Und auch diese sonderbare „Baby-Abtreibe-Aktion“ auf der Spree war für nachdenkende Zeitgenossen mindestens missverständlich.

Doch was die radikale Linke komplett verschläft: bei solchen Demos werden Menschen mobilisiert und politisiert, die keinen Bock auf die x-te typische linke Demo haben. Die radikale Linke verschläft in ihrer selbstreferenziellen Maulradikalität, dass erst große Bündnisse politischen Erfolg versprechen, dass bunte Demos Sympathien bei der Bevölkerung schaffen, dass genau diese Bilder nötig sind, um das Mediaspree-Projekt wirklich zu kippen. Dabei wird auch nicht erkannt, dass es dem Megaspree-Bündnis gelungen ist, die Mediaspree-Debatte wieder anzufeuern und ins Gespräch zu bringen. Das war bitter nötig, nachdem die Initiative Mediaspree versenken deutlich an Kraft verloren hatte.

Stattdessen versuchen Teile der radikalen Linken weiter in ihrem säuerlichen Saft zu schmoren, sie neiden dem Bündnis die Mobilisierungskraft – und alles, was nicht der selbstgewählten Einförmigkeit entspricht, wird als reformistisch-kapitalistisch-oder-wie-auch-immer diffamiert. Und das am Besten nach so einer Demo und ohne sich vorher in die Diskussion eingebracht zu haben. Verdammt, es geht nicht immer gleich um die Abschaffung des Kapitalismus. Es geht um die Zukunft unserer Stadt. Es geht um eine Stadt, in der wir uns alle wohlfühlen können. In der die Interessen der Menschen – und nicht nur das Scheiss-Kapital der Immobilieninvestoren – eine Rolle spielen.

Um den Mediaspree-Horror in Stahl, Glas und Beton zu verhindern, wird nötig sein, dass sich verschiedenste Initiativen, Clubs, Wagenburgen, politische Gruppen, (radikale) Linke, Ökos und alle anderen zusammen an einen Tisch setzen. Dabei müssen beide Seiten ihre Scheuklappen absetzen. Denn Protest ist immer am Stärksten, wenn er von verschiedenen Seiten kommt. Das Megaspree-Bündnis bietet hierfür eine gute Chance sich wieder zu vernetzen.

Fotos der Demo gibt es u.a. hier:
http://www.flickr.com/photos/kietzmann/sets/72157621337004158/
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157621182869441/
http://www.flickr.com/photos/imagedeluxenet/sets/72157621330835042/

6 Kommentare

  1. joha_ says:

    Sehe ich auch so. Klar sind unter den Anliegern auch Junior-Kapitalisten dabei, für die es auch darum geht, ihre Goldgrube zu behalten. Die Mediaspree würde aber zu einem Einschnitt ins Stadtbild und -leben führen, der für Dekaden nicht korrigiert werden könnte.

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