Die Revolution muss Spaß machen, sonst macht keiner mit

Fritz Teufel ist tot. Uns Kindern der 68er-Generation aus schwärmerischen Erzählungen der Eltern bekannt, irgendwie nebenbei auch aus dem Geschichtsunterricht und für mich als Menschen, der Proteste und Kommunikationsguerilla liebt, sowieso. Mit Teufel geht einer, der den verbissenen linken Politnicks solidarisch den Stinkefinger gezeigt hat, der Richter sprachlos machte und mit Humor und Hinterlist, den Staat vorführte.

Einer, der respektlose Geständnisse vor Gericht ablegte – wie dieses hier:

„Ich bin ein triebhafter Charakter, ich bin von der Kommune weggegangen, ach, die vielen minderjährigen Mädchen dort, Töchter von Staatsanwälten und Justizangestellten, und dann immer den ganzen Tag Triebverkehr. Aber Sie wissen ja, Herr Vorsitzender, wir sind ja alle nicht ohne Fehl.“

Vor Gericht war Teufel in seinem Element. Er brannte Feuerwerkskörper ab und beleidigte die Richter. Warf das Strafgesetzbuch nach dem Ankläger und forderte, dass vor Gericht alle paritätisch auch ihren Lebenslauf vortragen sollten. Und weigerte sich selbst eben jenes zu tun.

Fritz Teufel hat nicht nur irgendwann diesen einen wunderbaren Satz von der Wahrheitsfindung gesagt, als er sich vor Gericht erheben sollte, sondern ein Puddingattentat auf den US-Präsidenten geplant und die Kommune 1 gegründet. Er hat einen Minister vor laufender Kamera mit Zaubertinte bespritzt (siehe Video) und saß jahrelang im Knast, obwohl er ein Alibi hatte. Er wurde in Isolationshaft gesteckt und gab großartige Interviews wie dieses hier. Teufel schloss sich der Guerillagruppe „Bewegung 2. Juni“ an. Als nach Banküberfallen der Gruppe das „Konjunkturprogramm der Bewegung 2. Juni“ mit dem folgenden Text gefunden wurde, geriet er in den Fokus der Ermittlungen:

„Wo alle sagen, daß der Rubel wieder rollen muß … will auch unsere Bewegung im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten … einen Beitrag leisten … Her mit der Kohle“.

Cooler kann man keine Bank überfallen.

Teufel ist sich immer treu geblieben. Während manche wie Horst Mahler zu Nazis wurden und andere zu aalglatten Politikern und Ministern, hat er seinen Weg fortgesetzt. Kein Marsch durch die Institutionen, sondern Fahrradkurier, Bäcker, Hausprojekte. Und 8 Jahre im Knast.

Der Gewalt hat Teufel nie öffentlich abgeschworen, das war ihm wohl einfach zu blöd, er beteuerte aber immer, dass die Revolution Spaß machen muss:

„Es gibt eben Formen des Widerstandes, die Spaß machen, beispielsweise die Autoritäten lächerlich zu machen oder dumm aussehen zu lassen. Man muß sich gegen die verschiedenen Formen der Unterdrückung auf eine Art wehren, die eben kein Krieg ist — so wie die Herrschenden es machen, mit einfacher Verschärfung der Repressionen. Es ist eine Art von Kleinkrieg, wo man versucht, den Feind auf Gelände zu locken, auf dem er besiegbar wird. Spaßgerilja ist für mich die aktuelle Form des Klassenkampfes.“

Teufel forderte folgerichtig, nicht nur Kirchen zu besetzen, sondern in den besetzten Kirchen zu vögeln. Er hat für die taz geschrieben und das einst geliebte Blatt später „die Frau meiner Albträume genannt“. Teufel forderte mehr Zärtlichkeit und stellte als einfacher Arbeiter Klobrillen her. In den Achtzigern wurde es dann ruhiger um Teufel. Die letzten Jahre litt er an Parkinson und verstarb im Alter von 67 an den Folgen der Krankheit.

Lieber Fritz Teufel, wir brauchen mehr von Deiner Sorte!

8 Kommentare

  1. Ein bewegender Nachruf auf den großen Clown der Spaßguerilla. Eigentlich müßte man Teufels Beerdigung für einen politischen Flashmob nutzen. Das hätte ihm bestimmt gefallen…

    Dutzende als Clowns verkleidete Menschen, die am Grab vorbeigehen, wie dereinst Dutschke die Faust heben und „Fritz, der Kampf geht weiter!“ rufen. Mitstreiter?

  2. John F. Nebel says:

    Eine solche Aktion muss verdammt gut gemacht sein, sonst wirkt das nur sonderbar. Bin mir auch nicht sicher, ob der klassische Clown das richtige Bild ist. Ich bin da skeptisch.

  3. „Verdammt gut gemacht“? – Um mal Fritz Teufel zu zitieren: „Leute macht einfach. Missverstanden werdet ihr sowieso.“

    Ich fürchte die Idee scheitert schon daran, dass Zeit und Ort der Beerdigung nicht vorher bekannt werden. Oder hast du da was gehört?

  4. MasterBlaster says:

    Wann und wo ist seine Beerdigung?

  5. heute & morgen says:

    schöner text für einen tollen menschen.
    danke für alles fritz.

    h&m

  6. Also ich muss sagen er hat in meinen Augen die Revolution zu locker gesehen und hat sich darin nur selbst ausgelebt.
    Gab andere Leute damals die in meinen Augen die Sache besser gemacht hatten. Solche Leute fehlen heute!

    Wo ist sie denn hin… die Revolution?
    Wenn ich heute sehe, dass Linke hingehen und Deutschlandfahnen von migrierten Ausländern mutwillig zerstören wird mir übel!

    Das ganze hat sich meiner Meinung nach eh zu sehr vermischt…
    – Rechte gehen hin schlagen nen Türken.
    – Linke gehen hin schlagen nen Rechten.
    – Polizisten gehen hin schlagen den Linken.

    Leute… das sind alles Menschen, die haben Familien, Gefühle und ein Recht auf ihr Leben und ihre Freiheit in diesem unseren Land.

    Das Problem sehe ich nicht mehr in einer Gruppierung, das Problem sehe ich in der Gewaltbereitschaft.
    Wenn ich gerne draufhauen will oder mal den neuen AMG vom Typen in der Reichheimer-Alleé abfackeln möchte kann es mir ja heute schon egal sein ob ich mich den Linken oder den Rechten anschließe – es hat doch fast niemand mehr Ideale oder irgendeinen Wert für den er „Aktionen“ macht. Pure Selbstvermarktung – Nicht mal mehr bis zum Tellerrand!

    Ich sehe die Zukunft nicht mehr Rechts, Links – auch nicht konservativ oder liberal.

    Es kommt die Zeit der neuen deutschen Mitte!

    Die Revolution sagt:
    ich bin,
    ich war,
    ich werde sein.

  7. @Steffen: Mag sein, dass „einfach machen“ der Weg ist. Aber ich habe noch keine zündende Idee.

  8. Dann lass uns doch mal gemeinsam nachdenken, wie man das am geschicktesten anpackt. Z.B. könnten wir uns auf der Megaspree-Demo treffen und ne Tütenlänge brainstormen ;)

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