Frauen, Männer, Mütter und Väter

Ich will hier ja nicht zwingend zum Eltern- und Kinderthemenblogger werden, aber mein letztes Posting hat doch soviel Widerhall gefunden, dass ich kurz noch einmal einen weiteren Aspekt anführen möchte. Meine persönlichen Erfahrungen als Vater in Elternzeit spiegeln völlig theoriefrei das wider, was die franzözische Philosophin Elisabeth Badinter in ihrem neuen Buch „Der Konflikt“ fundiert darstellt. Hier stellt sie unter anderem fest:

Die Wirtschaftskrise zwang Anfang der neunziger Jahre viele Frauen zurück in den Haushalt, vor allem die schlecht ausgebildeten und die finanziell schwachen. In Frankreich bot man ihnen für drei Jahre Erziehungsgeld an, damit sie zu Hause blieben und sich um ihre kleinen Kinder kümmerten. Immerhin sei, so sagte man, Erziehung eine Arbeit wie jede andere und oft sogar noch wertvoller – abgesehen davon, dass man sie nur mit der Hälfte des gesetzlichen Mindestlohns bezahlte! Die massive Arbeitslosigkeit, welche die Frauen noch stärker betraf als die Männer, führte dazu, dass die Mutterschaft wieder in den Vordergrund rückte – stellte sie doch einen bleibenden Wert dar, der mehr Halt gab als eine schlecht bezahlte Arbeit, die man von heute auf morgen verlieren konnte. Die Mutterschaft rückte umso mehr in den Vordergrund, als man zum einen schon immer die Arbeitslosigkeit eines Vaters für verheerender gehalten hatte als die einer Mutter; zum anderen entdeckten die Kinderpsychologen unablässig neue Verantwortlichkeiten gegenüber dem Kind, die allein der Mutter zufielen.

So verwundert es mich also überhaupt nicht mehr, wenn sowohl meine Freundin (dafür dass sie nach 6 Monaten wieder arbeitet) als auch ich (dafür, dass ich 6 Monate zuhause geblieben bin), komisch anguckt werden – und das oft von Frauen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Stillen eine tolle Sache ist – aber nicht bis zum 4. Lebensjahr. Und das die Mutter wichtig ist. Der Vater aber auch.
Entsprechend kann ich Mercedes Bunz auch nicht ganz zustimmen, wenn sie schreibt:

Genau daran kann man sehen, dass es dem gesellschaftlichen Diskurs nicht um die Argumentation, sondern vielmehr um den Effekt dieses Streites selbst gehen muss: Diesen Streit gibt es nur, damit keine von beiden, weder die extern, noch die intern arbeitende Mutter, sich in ihrer Rolle wohl fühlt. Für maximale Produktivität gilt es, Schuldgefühle zu produzieren. Entscheidet man sich für eine Rolle, bleibt man die andere schuldig.
Hier wird sichtbar, dass sich das gesellschaftliche Paradigma massgeblich verändert hat. Wenn das gesellschaftliche Formen der Frau bislang im Paradigma der Unterdrückung erfolgte, geschieht es nun im Paradigma ihrer Überforderung.

Die Frau von heute, sie wird nicht mehr unterdrückt, sie wird überfordert. Es wird ihr unmöglich gemacht, in einer Rolle ihren Frieden zu finden, sie kann zugleich aber auch nicht allen Rollen entsprechen: Terror der Produktivmacht. In der Tat hat zwar erst die Emanzipation es den Frauen ermöglicht, eine Familie zu haben und Karriere zu machen – nur sollen sie heute eben all dies zugleich. Sie sollen eine gute Mutter sein, erfolgreich im Beruf sowie darüber hinaus – natürlich – eine gute Ehefrau und Geliebte. Im Gegenzug hat man paradoxerweise die Last der Verantwortung vom Mann genommen, der Alleinernährer der Familie sein zu müssen, weshalb man zynisch sagen könnte: Die Emanzipation der Frau bedeutet in gewisser Weise die Befreiung des Mannes.

Sehr gut dabei ist der Gedanke des „schlechten Gewissens“ als Triebfeder des Kapitalismus. Und dieses schlechte Gewissen treibt aber beide Elternteile an, die sich für beides – Kind/aktive Elternschaft und Karriere – entschieden haben. Nun ja. Es bleibt zu hoffen, dass wir es gesellschaftlich hinbekommen, Kinder und Beruf zu vereinen. Und vor allem hoffe ich, das die Frauen nicht den leichten Weg in die Mutterschaft gehen, sondern ihren Typen in den Arsch treten und sie zur gleichberechtigten Verantwortung heranziehen.

Ein Kommentar

  1. rr says:

    Ich kann mir gut vorstellen, dass es eine vielzahl von Eltern gibt, bei denen nicht etwa der Zwang zur Karriere zu Doppelverdienerhaushalten führt, sondern viel mehr die Notwendigkeit genügend Einkommen zu produzieren, um die eigene Familie mit etwas mehr, als dem gerade notwendigen versorgen zu können. Der Nebeneffekt ist der, dass sich die Mutter gleichzeitig in der Rolle der Verdienerin wiederfindet. Hier ist es dann notwendig, dass beide Eltern gleichberechtigt in die Erziehung eingebunden werden, um genügend Zeit in die Familie einbringen zu können. Der Mutter beides aufzubürden und den Mann aus seiner klassischen Rolle zu entlassen ist völliger Quark und wird sicher auch nirgendwo breitflächig praktiziert.

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