Stuttgart 21: Mit brutaler Gewalt gegen Demonstranten

Mit einer Orgie der Gewalt hat die Polizei in Stuttgart den Schlossgarten geräumt. Beim Polizeieinsatz wurden nach bisherigen Quellen mehrere hundert Menschen verletzt, darunter viele Jugendliche. Sie hatten an einer angemeldeten Demonstration teilgenommen. Die meisten Verletzten hatten durch Reizgas herbvorgerufene Augenverletzungen. Ein Teilnehmer verlor durch den Polizeieinsatz sein Augenlicht (dpa-Foto).

Den Polizeieinsatz beschrieben auch Mainstream-Medien als äußerst brutal: „Schwere Gewalt gegen Bahnhofsgegner“ (Stern), „Bürgerkrieg im Schlossgarten“ (Spiegel Online), „Rambo-Einsatz gegen Kinder und Alte“ (tagesschau.de) oder „Polizei räumt mit Gewalt: Jetzt fließt Blut“ (Bild.de) sind nur einige der Headlines des Tages.

Dass sich der baden-württembergische Innenminister nach dieser einer Demokratie unwürdigen Aktion noch getraut zu sagen, dass die Aggression von den Demonstranten ausgegangen sei, ist eine klare Schutzbehauptung für diesen unverhältnismäßigen Einsatz. Die einzigen Bilder, die ich bislang gesehen habe, waren friedliche Demonstranten, die zu – in einer parlamentarischen Demokratie legitimen Mitteln – wie Sitzblockaden und anderer Formen des zivilen Ungehorsams gegriffen haben. Der Versuch, die Gewalt den Protestierenden in die Schuhe zu schieben, wird angesichts der erdrückenden Beweislast nicht funktionieren.

Der heutige Tag hat Stuttgart 21 endgültig zu einem bundesweiten Thema gemacht. Mahnwachen und Kundgebungen gegen Stuttgart 21 und Polizeigewalt gab es (und sind geplant) in 37 Städten:
Augsburg, Berlin, Bielefeld, Bochum, Braunschweig, Bremen, Chemnitz, Darmstadt, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Flensburg, Frankfurt, Freiburg, Göttingen, Hamburg, Hannover, Husum, Jena, Karlsruhe, Köln, Leipzig, Mainz, Mannheim, München, Münster, Neuss, Nürnberg, Osnabrück, Regensburg, Saarbrücken, Sindelfingen, Tübingen, Ulm, Wehr, Wien, Würzburg.

Das Foto oben entstand auf der Kundgebung in Berlin. Dort waren gut 200 Menschen spontan zusammengekommen.

13 Kommentare

  1. iptoux says:

    Schade das es soweit gekommen ist, aber jetzt wachen unsere Bürger evtl. endlich mal auf und wehren sich. Ich hoffe das jede menge Demonstranten in alle Deutschen Großstädte kommen, denn das muss alles die Bahn bezahlen (Polizeieinsätze).

    Man kann großen Unternehmen nur auf einen einzigen weg wehtun.. und das ist bei dem Geld. Entweder fahren wir mal eine zeit nicht mit der Bahn oder wir machen so viele Demos wie möglich.

    Wir demonstrieren bzw. streiken viel zu wenig, wenn ich mich mal so in anderen Ländern umschaue (Frankreich/Spanien/Griechenland)

  2. egal says:

    Für morgen, Freitag sind schon Demos in folgenden Städten geplant:

    Berlin, 19.00 Uhr, Potsdamer Platz, Am DB-Tower (http://tinyurl.com/34gozxw)

    Hannover, 19.00 Uhr, Bahnhofstraße, Ecke Ernst-August-Platz

    Magdeburg, 19.00 Uhr, Hauptbahnhof

    Kiel, ab 14.00 Uhr, Bahnhofsvorplatz, Schweigemarsch

    Düsseldorf, Hauptbahnhof, 16.00 Uhr

    Mainz, 15.00 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz

    Leipzig, 19.00 Uhr, Kleiner Willy-Brandt-Platz (ggü. Hauptbahnhof),

    Dresden, 19.00 Uhr Schwabenstreich, Albertplatz

    Erfurt, 15.00 Uhr, Bahnhofsvorplatz Erfurt Hauptbahnhof

    Potsdam, 16.00 Uhr, vor dem Hauptbahnhof

    Freiberg (09599), 18.00 Uhr, vor dem Bahnhof in Freiberg

  3. Cliff Hawk says:

    Das heute in Stuttgart erinnert sehr an 1968 auf dem Leninplatz in Schwerin und 1989 an die Ausübung von Staatsgewalt in Dresden, wo sie Hunde auf Frauen gehetzt haben und mit Schlagstöcke auf sogar auf Kinderwagen eingeprügelt haben. Wir wurden mit vorgehaltenen Waffen davon abgehalten, mehr zu sehen. Heute können sich die gewendeten Täter nicht mehr erinnern. Vielleicht leiden die, die heute Gewalt gegen Kinder angewandt haben, auch schnell an Erinnerungsverlust…

  4. Jan says:

    Das ist die absolute Härte. Hoffentlich stellen die Verletzten Strafanzeige gegen den Einsatzleiter der Polizei. So ein Einsatzleiter muss vom Dienst suspendiert werden, und sich vor Gericht verantworten.
    Mit Meinungsfreiheit, Recht auf Demonstration und rechtsstaatlichkeit hat das nichts mehr zu tun. Das ist die brutale Gewalt und Machtdemonstration des Polizeistaats Deutschland. Der Gipfel ist es aber, dass gewisse Politiker der Polizei noch mehr Macht geben möchten, und ein Herr Heribert Rech (auch wenn ich mich unbeliebt mache, den Namen noch zu schreiben) diese Gewalteskapade nicht nur verteidigt, sondern die Tatsachen noch verdrehen möchte.
    Ich als freiheitlich demokratisch denkender Bürger rufe Herrn Rech dazu auf, die Konsequenzen aus seinem Verhalten zu ziehen, und sofort zurückzutreten. Er hat mit seinen Aussagen bewiesen, dass er kein Demokrat ist, und somit auch nichts im Parlament verloren hat.

    Weiter hoffe ich, dass die Bürger die politische Reaktion auf die Polizeigewalt bei den nächsten Landtagswahlen nicht vergessen haben, und das Kreuz an der richtigen Stelle machen werden.

  5. Hermes says:

    „Warum wird denn erst jetzt protestiert“, wird ja nun oft gefragt. Auf Twitter postete vorhin jemand einen Link zu einem Video von 1997, dies zeigt die damalige Farce von „Bürgerbeteiligung“, einen aufgeregten Professor, der den Bürgern erklärt, sie hätten genaugenommen nichts mitzuentscheiden, und gestandene, zunehmend amüsierte bis schließlich angepisste Stuttgarter, die mit dieser Art der Bürgerbeteiligung wohl nicht ganz einverstanden sind. Hier der Link:

    http://www.archive.org/details/Stuttgart_1997&reCache=1

  6. Kaltmamsell_Heidi says:

    Es ist klar, dass die Polizei bei einer derartig großen Zahl an Blockierern gar keine andere Wahl hatte, als Wasserwerfer einzusetzen. Die eigentliche Ursache dafür, dass der Widerstand so mächtig wurde, dass die Polizei überhaupt erst so „robust“ gegen die Demonstranten vorgehen musste, ist jedoch im Versagen der Politik zu finden – denn das „System21“ krankt von Anbeginn an der Verhinderung eines Volksentscheids. Ich bin nach wie vor für Stuttgart21, finde aber, ein derartig großes und einschneidendes Projekt muss ganz klar von der Bevölkerung entschieden werden – nur so hätte das notwendige solide Fundament geschaffen werden können.

    … aber jetzt ist es zu spät: seit gestern gibt es endgültig nur noch Verlierer.

  7. egal says:

    Es ist auch klar, dass die Landesregierung diesen unverhätnismäßigen Einsatz von Gewalt, bei dem es wohl auch eine Tote gab, niemals hätte genehmigen dürfen.

  8. schwerelos says:

    hallo, hoffe hier immer aktuell zu lesen wo irgendwelche demos diesbezühlich sind. komme aus duisburg. richtung krefld mönchengladbach wäre auch sehr interessant für mich. danke im vorraus

  9. Kasseler Linke says:

    Auch Kassel war aktiv. Zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen und die Linke haben wir am Kasseler Kulturbahnhof 19 Uhr demonstriert.

    Auch wir sind zu tiefst entsetzt über die Polizeigewalt und solitarisieren uns mit den Stuttgartern

  10. schwerelos says:

    auch wenn es jetzt für dieses projekt nur verlierer gibt, für die zukunft ist das jetzt sehr wichtig. wenn jetzt nicht langsam was passiert und die leute nicht wach werden wird es immer schlimmer

  11. Benjamin says:

    „Mit brutaler Gewalt gegen Demonstranten.“
    Gibt es auch sanfte Gewalt?

  12. Kaltmamsell_Heidi says:

    Nachtrag zu meinem vorigen Kommentar:

    Anfangs hieß es ja, die Demonstranten hätten Pflastersteine geworfen, weswegen die Polizei Wasserwerfer und Pfefferspray zur „Selbstverteidigung“ eingesetzt hätte. Die Behauptung, dass Pflastersteine geflogen seien, wurde aber mittlerweile zurückgenommen – vor diesem Hintergrund ist die Polizei also tatsächlich mit unnötiger Härte gegen die Demonstranten vorgegangen – umso schlimmer, als sich darunter auch Kinder/Jugendliche und ältere Menschen befanden. Ich frage mich schon, was die Verantwortlichen sich dabei eigentlich gedacht haben, denn abgesehen davon, dass viele Menschen verletzt wurden – einige sogar schwer – hat dieser überzogene Polizei-Einsatz dem sowieso schon umstrittenen Projekt Stuttgart21 mehr geschadet als genützt.

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