Panzerfamilien im Rampenlicht

Es ist wohl eine der schönsten und radikalsten Kampagnen gegen die deutsche Waffenindustrie seit langem: die Aktionskünstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ lobt 25.000 Euro für Hinweise aus, die zu einer Verurteilung der Haupteigner des Panzerkonzerns Krauss-Maffei-Wegmann führen. Doch es geht nicht um eine Verurteilung wegen illegalen Waffenexports oder Verstöße gegen Waffenkontrollgesetze. Weil diese Gesetze nicht greifen und die Bundesregierung den Panzerdeal mit Saudi-Arabien unterstützt, sollen die Eigentümer wegen Steuerhinterziehung, Korruption oder ähnlicher Vergehen hinter Gitter.

Für die Aktion haben die Aktivisten die Webseite 25000-euro.de geschaltet. Auf dieser Seite gibt es Dossiers und Informationen über die Eigentümer. Die Eignerfamilien wie die Bodes und die von Braunbehrens gaukeln eine bürgerliche Fassade und ein normales Leben vor – verdienen aber Millionen mit dem Export von Panzern in alle Welt. Das wird hier erstmals und mit großer Deutlichkeit gezeigt.

Waffengeschäfte finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, Hinterzimmer statt Debatte, Geheimnis statt Transparenz. Deswegen ist diese Kampagne so gut. Sie zerrt die Waffenproduzenten ins Rampenlicht, konfrontiert sie mit ihrem Tun, hält ihnen den Spiegel vor, erinnert sie an ihre ureigene moralische Verantwortung. Und diese Kampagne fordert nicht nur einen sofortigen Stopp des Verkaufs von 270 High-Tech-Panzern nach Saudi-Arabien, sondern eine generelle Einschränkung der Waffenexporte. Das ist die Stoßrichtung, in die es gehen muss.

Besonders am Verkauf von 270 Leopard 2a7+ – Panzern nach Saudi-Arabien entzündet sich die momentane gesellschaftliche Debatte. Die neuen Panzer sind speziell für den Einsatz in Städten gebaut und eignen sich deswegen hervorragend zur Aufstandsbekämpfung. Der Film des preisgekrönten Animationskünstlers Alexander Lehmann, der extra für die Kampagne erstellt wurde, zeigt dies eindrucksvoll:

Gerade im Hinblick auf die Demokratiebewegungen im arabischen Raum ist der Verkauf dieser Panzer ein Schlag gegen Demokratie und Menschenrechte. Nicht nur ist Saudi-Arabien eines der autoritärsten Regime der Welt, auch halfen die Saudis bei der Niederschlagung der Proteste im Nachbarland Bahrain. Sie rückten mit Panzern ein und erstickten so den dortigen arabischen Frühling.

Wer sich an der Kampagne beteiligen möchte, kann Nachrichten an die Haupteigentümer schicken, Plakate ausdrucken & aufhängen oder einfach den Regierungssprecher antwittern und nachfragen, warum die Bundesregierung den Panzerdeal unterstützt. Für den Anfang reicht es vielleicht auch, diese endlich mal straight nach vorne zeigende pazifistische Kampagne, an möglichst viele Leute weiterzuleiten…

(via)

28 Kommentare

  1. Gut, dass es solche Kampagnen gibt. Jedoch auch die eigene Rollen nicht vergessen (z.B. Quelle der Meldung): Wieso hat das netzpolitik.org Umfeld als/auf der re:publica den Regierungssprecher (der von all dem weiss – so was läuft nicht ohne Willen der Regierung), weil er Fragen dazu auf Pressekonferenzen schon abgebügelt hat, also nicht so offen auftrat wie auf seiner PR-Show bei euch – aber da hattet ihr ja absichtlich keine Inhalte sondern nur Form – twitter in dem Fall) auf der Re:Publica hofiert und seid ihm in den * gekrochen, weil er auf den neuesten Trend Twitter aufgesprungen war und 55k Follower hat anstatt – wenn schon so jemand – unbequem und unablässig zu fragen, ob er die Panzerlieferung auch Twittern wird – (und Antworten verlangen oder ihm wenn er nicht antwortet die Bühne nicht mehr zu überlassen), oder doch nur wieder twittern wird, wenn irgendein Fussballspiel läuft.
    Was da lief war eine reine Propagandashow für einen Waffenlieferung-an-Diktaturen-Verheimlicher und Ablenker, der jetzt mehr Follower hat, falls doch zu viel rauskommt und er während andere über die Waffenlieferungen berichten werden ablenken oder verharmlosen wird.

  2. PRANGER! says:

    Diese Kampagne ist ein Skandal. Hier werden Privatpersonen an die Öffentlichkeit gezerrt, um sie anzuprangern. Das sind mittelalterliche Methoden und alles andere als „politische Schönheit.“

    Auch die Indifferenz, mit der sich gegen geltendes Recht gewandt wird („Wenn Waffenhandel nicht illegal ist, dann sollen sie eben für etwas anderes in den Knasst“) ist alarmierend!

  3. Ilja says:

    @Pranger: „Geltendes Recht“ bildet in diesem Fall wohl kaum das Rechts- bzw. Unrechtsempfinden der meisten Deutschen wieder. Sich einmal bei Frau Merkel die Erlaubnis abholen und dann hoffen, solche Deals klammheimlich über die Bühne zu bringen ist halt in Zeiten des Internets nicht mehr.

    Der eigentlich „Skandal“ ist doch, dass es Gesetze gibt, hinter denen sich solche Kriegsgewinnler noch verstecken können. Sollen die doch allesamt nach Saudi-Arabien ziehen, wenn es da so toll ist, dass man da ohne Bedenken Panzer hin verkaufen darf.

  4. Investigativ says:

    Mittelalterliche Methoden ??? Blödsinn.

    Genauso muss es laufen, genauso und zukünftlich hat sich jeder, der Schandluder treibt, zu verantworten und kann sich nicht weiter auf den Status der unbescholtenen Privatperson berufen.

    Von mir aus kann jeder Polizist der (noch) ohne Namensschild Demonstranten verprügelt an den Pranger gestellt werden.

    So funktioniert Interessenausgleich in Bezug auf Gerechtigkeit !!

    Weiter so …

  5. PRANGER! says:

    Wie soll denn eine Zukunft aussehen, in der Lehrer, Künstler und Anthroposophen stets den Mob und seinen fürchten müssen – nur weil sie ein international erfolgreiches Familienunternehmen führen?

  6. Mikael says:

    Die armen Waffenhändler tun mir ja sowas von leid. Mir kommen die Tränen. Wer mit Tötungsinstrumenten Milliarden verdient, muss damit rechnen, dass er an die Öffentlichkeit gelangt.

    Gute Aktion, die endlich mal die Hintermänner und -frauen des Waffenhandels ins Licht zerrt, das sie so fürchten.

  7. bravo! says:

    @pranger: das wäre eine tolle zukunft, in der jede/r, gleichgültig welchem beruf sie/er nachgeht, für die von ihnen veranlassten taten des familienunternehmens zur verantwortung gezogen wird.

    außerdem wird hier zu nichts anderem aufgerufen, als geltendes recht gegen „steuerhinterziehung, korruption oder ähnlicher vergehen“ anzuwenden. dagegen ist doch nichts einzuwenden. sollten sich die angesprochenen nicht strafbar gemacht haben, haben sie doch nichts zu befürchten.

  8. PRANGER! says:

    Und was ist mit den vielen Arbeitsplätzen, die verloren gehen, wenn der wichtige Auftrag vom Großkunden Saudi-Arabien platzt?!

    Darüber habt ihr euch wohl noch keine Gedanken gemacht!

  9. Mikael says:

    Und überhaupt: Pranger ist, wenn die Bild-Zeitung einen unschuldigen 16-Jährigen als Mörder ablichtet. Was wir hier sehen, sind Leute, die für Mord und Unterdrückung weltweit indirekt verantwortlich sind. Skrupellose Geschäftemacher, Kriegsgewinnler und Lobbyisten. Mein Mitleid hält sich in Grenzen.

  10. PRANGER! says:

    Gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten sind solche Aktionen das letzte, was der Industriestandort Deutschland braucht: Prangermethoden gegen die Leistungsträger!

  11. Ordnung88 says:

    Was für eine Zecken-Aktion! Hoffentlich klagt die deutsche Industrie euch in Grund und Boden!

  12. fleischwolf says:

    @Pranger: Ist dann auch Kinderprostitution okay? Schafft ja Arbeitsplätze…

    @Ordnung69: Genau, denn die deutsche Industrie hat schon immer nur und ausschliesslich die Interessen des guten deutschen Volksbürgers vertreten, und nie irgendwelche anderen.
    Du feiges faules Stück: warst du im Feld und hast mitbekommen, wie schön ein Soldat schreien kann, wenn ihm das Bein von einer Mine aus deutschen Landen zerfetzt wird? Wie viele Kinder kennst du, die ihr Leben auf Stumpen verbringen müssen, weil die sogenannten „Leistungsträger“ Deutschlands auf ihre Kosten Kohle scheffeln wollen?
    Wohl keins, denn sonst würdest du überlegen, was für eine widerliche, menschenverachtende Scheisse du von dir gibst.

  13. Kritiker says:

    @pranger: das Zitat mit dem Letzten Baum und dem letzten Tropfen Wasser, kennste ja…dass danach Geld keinen erkennbaren Nährwert hat…wer, wie ich Kampfpanzer über und durch alles treiben durfte ohne Rechenschaft ablegen zu müssen darf sich anmaßen zu sagen, dass derartiges gleich nach Tagebau kommt…in seiner verheerenden Zerstörungswirkung und da ist noch kein Demonstrant ala Himmlischem Frieden domestiziert worden oder nur ein Geschoss abgefeuert worden…
    der Industriestandort Deutschland ist dem Falle deines Argumentes wohl eher die Bodenseeregion in der sich die liebe Deutsche Waffenschmiedekunst versammelt hat…also Armes Bayern…??
    ein Vorschlag zur Güte:
    wie wärs mit einem „friedensstiftenden“ CO2 neutralen und vollständig recyclingfähigen Panzergefährt auf Wasserstoffantriebsbasis und nicht lethalen Kampfmitteln wie Schallkanonen, Mikrowellenemittern und Wasserstrahlkanonen:…das wäre mal ein Verkaufsschlager ala new green economy…;-) just think about…

    Deutschland ist Waffenhändler und damit Konfliktprofiteur seit es wieder eine Schwerindustrie haben durfte…
    also ist die Aufregung ein Reflex der Hoffnung auf Demos-kratie..

    man schafft nun mal leider keinen Frieden mit Waffen!

  14. Libero says:

    Eine Multikulti-heile-Welt-Perspektive ist in diesem Fall niedlich, aber nicht dienlich.
    Deutschland produziert ein international gefragtes top-notch Produkt, nach dem große Nachfrage besteht. Aus der sales perspective steht außer Frage dass der Deal in trockene Tücher muss. Und auch ser public sector kriegt hier ja seinen Bonus.
    Natürlich ist das nichts, worauf man am Ende besonders stolz sein kann, aber man darf einfach. Icht vergessen: Nicht Waffen töten Menschen, sondern Menschen töten Menschen. Und so lange die noch keine commodity sind, ist der supplier da klar aus der Verantwortung.

  15. Name (erforderlich) says:

    Meine Güte! Ist hier viel getrolle/Ironie unterwegs! Ist ja manchmal ganz lustig, aber in anonymer Kommunikation teilweise anstrengend.

    Für meinen Teil, weiß ich selbst nicht genau ob die Aktion moralisch richtig ist oder nicht, da mir die Folgerung „unliebsame Personen kommen überdurchschnittlich häufig ins Gefängnis“ nicht recht gefallen mag.
    Wäre es nicht von besonderer politischer Schönheit, wenn es keinen Zusammenhang gäbe zwischen „Anzahl Feinde“ und „Verurteilungen pro Straftat“? Ich finde schon!!!

    Insgesamt gesehen ist sie aber der Sache dienlich und deshalb will ich mal ausnahsmweise beide Augen zudrücken! ;-)

  16. Uli-E says:

    Warlords, Despoten, Waffenhändler und ihre Finaziers in den Knast – eagl wie. Wetten es wird den ein oder die andere treffen. Erst Krauss-Maffei Wegmann, dann Heckler & Koch die zwar nicht in die Türkei liefern dürfen aber dort unter Lizenz produzieren lassen.

    Zudem mal in den Bundesfinanzhaushalt geschaut? Suchbegriff dort „Verteidigungshaushalt“ 2012 wieder erhöht, diesmal 31.700.000.000 – also 31,7 Milliarden Euro. Einhergende Rezesion, Inflation und Armut, Hunger im eigenen Land.

    Nie wieder Krieg!

  17. iota says:

    Der Zweck heiligt scheinbar die mittel. Ekelhaft. Dieser Argumentation bedienen sich auch unsere überwachungsaffinen Sicherheitspolitiker. Stasi crowdsourcen hat nichts mit politischer Schönheit zu tun.

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