Was Facebookparties in Deutschland und Grillfeste in China gemein haben

CC-BY-NC windprincess

Als am Freitag die Bild-Zeitung mit der Story kam, dass die Innenminister von Bayern und Baden-Württemberg (CSU und SPD) forderten, dass Facebook nun für die Kosten von Facebook-Parties zahlen sollte, war der Aufschrei im Netz groß. Und wo die Innenminister irgendetwas fordern, da ist der DpolG-Hardliner Rainer Wendt nicht weit: „Wer zu Facebook-Partys aufruft und damit einen Polizei-Einsatz auslöst, muss für die Einsatzkosten zahlen. Aber: Die Politik muss die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass Facebook sich an den Kosten beteiligen muss“. So weit so vorhersehbar, bescheuert und alltäglich.

Wenn man aber mal den Kern der Sache betrachtet, dann geht es darum, die freie, spontane (und im Fall von Facebook-Partys sicherlich oft auch blödsinnige) Organisierung von Menschen in Sozialen Netzwerken zu erschweren. Es missfällt Sicherheitspolitikern, dass mit Tools wie Facebook oder Twitter eine Mobilisierung möglich ist, die vor fünf Jahren noch nicht denkbar war. Sie haben Angst davor und versuchen es dem Steuerzahler als teuer zu verkaufen – und damit ihre Hardliner-Forderungen zu legitimieren.

Spontane Mobilisierung, Organisation von Events und kollektive Aktion sind der Hauptfokus chinesischer Zensoren. Das hat Gary King, Direktor des Harvard University’s Institute for Quantitative Social Science, bei einer Untersuchung der Zensur des Landes im Juni diesen Jahres festgestellt. Die Studie (PDF) war davon ausgegangen, dass die 20-50.000 Menschen starke Internetpolizei, vor allem regierungskritische Beiträge aller Art zensiere. Sie fanden aber heraus, dass sich die Zensur vor allem gegen Formen von „Kollektiver Aktion“ richtete. Darunter vollkommen unpolitische Events wie eine Grillparty mit 200 Leuten. So stellte die Studie dann auch fest:

As it turns out, censorship is primarily aimed at restricting the spread of information that may lead to collective action, regardless of whether or not the expression is in direct opposition to the state and whether or not it is related to government policies. [..] These results reveal that the Chinese regime believes supressing social media posts with collective action potential, rather than suppression of criticism, is crucial to its maintaining power.

Wir sind weit davon entfernt, die Situation hier in Deutschland mit der in China zu vergleichen – aber die Furcht vor der vermeintlich unkontrollierbaren, unorganisierten kollektiven Aktion ist die gleiche. Die spontane Social-Network-Grillparty in China oder die Bemalung des Magdeburger Hasselbachplatzes mit Straßenmalkreide sind beides völlig unpolitische und friedliche Veranstaltungen. Selbstorganisiert im Netz. Dass es sie gibt, bereitet Sicherheitspolitikern Kopfschmerzen.

Foto: CCBYNC _windprincess

Ein Kommentar

  1. tinitussi says:

    Ich will gar nicht widersprechen, vermutlich geht es darum. Auch. In erster Linie wäre das aber ein Freifahrtschein, nach Lust und Laune Facebook-Daten für polizeiliche Ermittlungen zu „nutzen“.

    Immer im Hinterkopf behalten: Im Netz is nix umsonst. Du zahlst mit deinen Daten.

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