Trinkwasser: Liberalisierung ohne Grenzen?

CC-BY-SA Tom Raftery

Oder: Was die EU-Kommission mit unserem Trinkwasser vorhat.

Der Zugang zu (sauberem) Trinkwasser mag für uns Deutsche eine Selbstverständlichkeit sein. Man dreht den Hahn auf und fertig. Für viele Menschen, gerade in Entwicklungsländern, ist der Zugang zu Trinkwasser aber beileibe nicht selbstverständlich. Nicht ohne Grund hat die UN den Zugang zu Wasser als Menschenrecht in ihre Charta aufgenommen. Blöderweise ist die EU noch nicht so weit und wer sich den folgenden Text aufmerksam durchliest, versteht vielleicht plötzlich auch warum.

Im Zuge der Neuordnung der EU-Vergaberichtlinie für die öffentliche Beschaffung geht es auch um die Erneuerung der Konzessionsrichtlinie. Wenn sich die EU-Kommission durchsetzt, dürfte aus dem Allgemeingut „Wasser“ ein Spekulationsobjekt werden, mit dem sich Milliarden verdienen lassen. Das wäre der Sieg für die großen multinationalen Konzerne, die für diese Privatisierung jahrelang gekämpft haben.

Dabei ist der Kern der Verordnung erst einmal positiv: Der öffentliche Wettbewerb soll gestärkt werden und die Kommunen müssten sich umstrukturieren – überall dort, wo sich die Stadtwerke zu mehr als 20% im Besitz privater Investoren befinden. Klingt erstmal nachvollziehbar: Die Verträge müssten öffentlich gemacht werden, was zu mehr Transparenz im Wassersektor führen würde. Und Transparenz, die wollen wir doch alle – so begründet zumindest der zuständige EU-Kommissar Barnier, die Neuerungen. In einigen Ländern, wie zum Beispiel in Großbritannien oder Frankreich kann dies sogar zutreffen. Diese haben nämlich schon Teile ihrer Wasserversorgung privatisiert. In Deutschland hingegen wären die Folgen fatal – weshalb sich auch ein breites Bündnis aus kommunalen Spitzenverbänden, Verbänden und NGOs gebildet hat. Leider nützt so ein Bündnis aber auch nichts, wenn die EU-Kommission und eine Mehrheit im EU-Parlament anders denkt bzw. von Konzerninteressen geleitet ist. (So blöd kann manchmal Demokratie sein.)

Das ARD-Magazin „Monitor“ (ein bißchen Werbung muss drin sein) hat einen Beitrag darüber gedreht, was uns allen blühen könnte, wenn der Vorschlag der Kommission im Januar abgesegnet wird: http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2012/1213/wasser.php5

Wie geht es jetzt weiter? Wird sauberes Wasser in Zukunft immer teuer und schließlich nicht mehr für alle Menschen bezahlbar? Das sind Fragen, die man sich begründet stellen kann, wenn man nach Portugal oder Griechenland kuckt, wo die EU-Troika schon wesentlich erfolgreicher versucht, die Privatsierung im Wassersektor durchzudrücken. Mehr dazu auch hier in dem oben verlinkten Monitorartikel…

Nun wird sich der geneigte Leser (und die geneigte Leserin) fragen: „Warum schreibt das Liesschen Müller das alles? Warum macht sie so Panik?“

Zum einen, weil ich es höchst bedenklich finde, Mechanismen des so genannten „freien Marktes“ auf Gemeingüter wie Trinkwasser anzuwenden, weil ich es ethisch schwierig finde, mit solchen Gemeingütern Gewinne auf Kosten der BürgerInnen machen zu wollen und, und das ist dann endlich die gute Nachricht: Weil man noch etwas dagegen tun kann. Es gibt eine europaweite Kampagne verschiedenster Organisationen, die sich dafür einsetzt, den Zugang zu Trinkwasser als Menschenrecht nach Vorbild der UN auch in den Gesetzestexten der Europäischen Union zu verankern. Und diese Kampagne (http://www.right2water.eu/de) kann man mit einer Unterschrift unterstützen. Einen Versuch ist es wert, oder?

2 Kommentare

  1. fx says:

    Zum leichteren einbetten und die Zeit nach der „Depublikation“ hier der Beitrag auf YouTube:
    https://www.youtube.com/watch?v=Xq4ncp-iNNA

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