Holzmarktprojekt: Deutschland, Hippie-Kapitalismus und Leistungsgesellschaft

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Mir flatterte gerade die Broschüre zum vielbeachteten Holzmarktprojekt (PDF) zu. Nun ist das Projekt bestimmt symphatischer als die sonstige Bebauung an der Spree, und der Kater ein Club, der Spaß macht. Und ich weiß ja nicht, ob die Broschüre für Investoren geschrieben wurde oder um sich bei irgendwelchen Stadtfuzzis einzuschleimen. Aber ich befürchte – die meinen das wirklich so:

Was mit einem silbernen DDR-Wohnwagen an der Spree begann, wurde ein weltberühmter Club. Und für das Image Deutschlands im Ausland so wichtig wie der Erfolg von Audi.

Du bist Deutschland!

Die Beats der zumeist elektronischen Musik gaben den Takt vor. Es ging immer nur vorwärts, nie zurück. Auch wenn sich der Film in seinen aktivistischen Momenten zum wütenden Gegner einer ganz dem kapitalistischen Mehrwert ergebenen Stadtentwicklung macht, bleibt er doch den Vorgaben der Leistungsgesellschaft verbunden.

Protest ja, gerne. Aber bitte nach den Vorgaben der Leistungsgesellschaft! Denn:

Anders als so viele mit Sozialhilfe gepamperte Gentrifizierungsgegner, die ihre unansehnlich lustlose, linksradikale Existenz einfach nicht vom Wandel ihres Kiezes gestört wissen wollen, bleiben die Helden des Filmes stets ihrer Mission verpflichtet, die im besten Sinne idealistisch ihren eigenen Glückspfad für andere Menschen nachgehbar macht.

Sozialschmarotzende Gentrifizierungsgegner, hört her: Jeder ist seines Glückes Schmied! Persuit of Happiness – Juchu!

Die Verdienste des Berliner Nachtlebens für das Image des Landes können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wer wissen will, warum Hipster in London, Brooklyn oder Tel Aviv die Teutonen auf einmal für einen coolen Volksstamm halten, wird neben Audi und Braun-Stereoanlagen das orgiastische, zügellose, laszive, libidinöse Nachtleben als Grund genannt bekommen. Um dieses nämlich beneidet die einst hüftsteifen, linkischen Deutschen nun die ganze Welt.

Der andere Deutsche! Der gute Patriotismus! Deutschland, ein Sommermärchen seit der WM 2006! Und die anderen beneiden uns.

Man muss kein verbitterter, lustferner Linksradikaler sein, um solche Texte einfach scheisse zu finden.

Update:
Die Text, aus dem zitiert wird, stammt ursprünglich von Ulf Poschardt und erschien in der Welt. Ein unkommentierter Abdruck in der Broschüre erweckt jedoch nicht den Eindruck einer Distanzierung.

4 Kommentare

  1. Andre says:

    Alle Zitate sind aus dem Poschardt Text über den Bar 25 Film. Der Fakt das die Broschüre den am Ende kommentarlos übernimmt (und auch die Quelle kennzeichnet) macht es nicht besser. Das du das nicht erwähnst macht deine Kritik aber auch nicht besser, auch nicht das du unterschlägst das der Rest der Broschüre nicht ansatzweise so formuliert ist.

    http://www.welt.de/print/wams/kultur/article106263903/Die-Verfassung-der-Freiheit.html

  2. Hippie-Kapitalisten! Sehr schöne Wortschöpfung, für die Nasen, die einerseits ein Spreeufer für alle forderten, aber andererseits hinter der „härtesten Tür Berlins“ ihr Stückchen Spreeufer nur mit Leuten, die ihnen in’s Bild passten bevölkerten.

  3. Martin says:

    Arrogante Feiernazis !

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