Solidarischer Knutschverzicht?

CC-BY-NC Spooky

Habe ich das gerade auf Twitter richtig verstanden, dass da Menschen fordern, dass heterosexuelle Paare auf öffentliches Knutschen verzichten sollten, um damit Solidarität zu zeigen mit denen, die dies nicht diskriminierungsfrei öffentlich tun können? Ist die Logik dieser Argumentation also so, dass die Heten auf ihr Knutschprivileg verzichten, und dies dann im Kampf gegen die Idioten hilft, die Menschen wegen gleichgeschlechtlichen Knutschens diskriminieren? Oder geht es um ein Gefühl der Solidarität, dass aber unsichtbar bleibt, weil ich als Nicht-Priviligierte anhand des Akts des Verzichts gar nicht sehen kann, ob ich mich gerade in einer kalten-lustfeindlichen oder solidarisch-gendergerechten Umgebung bewege?

Mir leuchtet das als Mensch, der das Knutschen an sich liebt und das Knutschen aller Menschen, mit den Menschen, mit denen sie Knutschen wollen, immer befürwortet, überhaupt nicht ein. Es ist ja vollkommen OK, knutschenden Heten mal vor Augen zu führen, dass nicht alle freizügig knutschen können. Privilegien aufzeigen ist gut. Aber der Schluss, dass es Solidarität sei, auf eine der schönsten Dinge der Welt zu verzichten, um dann irgendwie unsichtbar solidarisch zu sein, ist doch Quatsch. Vielmehr sind es genau solche abgehobenen Debatten, die weder vermittelbar sind, noch etwas an der gesamtgesellschaftlich heteronormativen Kackscheisse etwas ändern.

Lasst uns alle Knutschen und offensiv dafür eintreten, dass alle so Knutschen können wie sie knutschen wollen. Alles andere ist Elfenbeinturm.

17 Kommentare

  1. Helga says:

    Um es hier noch einmal zu sagen: Homo-Paare passiert es noch heute, dass sie fürs Knutschen beschimpft, bedroht und geschlagen werden. Ihnen das als Hetero-Paar nicht noch vor die Augen zu führen, besonders dann, wenn Homo-Paare es gerade nicht dürfen, kann ein Akt der Solidarität sein.

    Niemand fordert hier, dass Heteros gar nicht mehr knutschen dürfen. Es geht in jeder einzelnen Debatte darum, dass aufgefordert wird, das Knutschprivileg zu überdenken. Warum dann diese reflexhafte Angst vor Knutschverboten kommt, statt denen auf die Füße zu treten, die Schwule, Bisexuelle und Lesben beschimpfen, wird sich mir nie entschließen.

    Und nein: Wenn ein Hetero-Paar mehr knutscht, hilft das noch lange keinem Homo-Paar.

    • Waltraut Ulbricht says:

      Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Wir wollen nur das Reiseprivileg überdenken.

    • Unfug says:

      @Helga: In der Debatte wurde spätestens im letzten Sommer jedes denkbare Argument ausgetauscht, nun wird es nochmal wiederholt, großenteils sogar von denselben Leuten. Ich glaube, die Debattenlage sieht so aus:

      Nadine Lantzsch: Ich mag Heteros nicht beim Küssen zusehen. Das triggert mich, weil es Heteroperformance reproduziert.

      Mädchenmannschaft: Wenn Heterosexuelle in der Öffentlichkeit küssen, reproduzieren sie Heteronormativität und unterdrücken damit Homosexuelle und Polyamore.

      Küssende Heterosexuelle und küssende Homosexuelle: Alles Quatsch, weil Nichtküssen keinen kausalen Bezug zur Befreiung von Homosexuellen hat. Ihr rationalisiert bloss Nadines Heterophobie.

      Mädchenmannschaft: Heterophobie gibts nicht, weil die Heteros in den Machtverhältnissen die Oberhand haben!

      Einwerfer: Ah so, Spinnenphobie gibts auch nicht. Und am besten hören wir auf zu laufen, damit die Rollstuhlfahrer nicht getriggert werden.

      Mädchenmannschaft: Naaanaanaa Derailing I cannot hear you nananaa

      Don Alphonso: Öffentliches Küssen haben wir uns durch öffentliches Küssen erkämpft, nicht durch eure Prüderie.

      Mädchenmannschaft: Iiiiih, bzw. Orrrr, Du bist ja schlimmer als Fefe!

      Kussbefürworter: Wir gehn nicht auf Parties, wo Homosexuelle nicht küssen dürfen. Wir treten dafür ein, dass alle küssen.

      Mädchenmannschaft: Nö, überdenkt gefälligst eure Privilegien, schließlich gibts ja auch Lesben die gar nicht küssen wollen oder niemanden haben den sie küssen wollen.

      Ungeküßte: Vielen Dank für diesen klugen und wertvollen Gedanken.

      Küssende: Nun drehen die Gendertrullas völlig frei. Popcorn!

      GOTO 10

      In diesem Sinne: Weitermachen! Da geht noch ne Runde!

  2. Oliver says:

    @Helga: Verzichten wir dann auch aufs Heiraten und Kinder kriegen? Nachher fühlt sich noch jemand ausgeschlossen!!!11!

    • Helga says:

      Oh, trololo. Tatsächlich Oliver, haben z.B. Brad Pitt und Angelina Jolie angekündigt, erst dann zu heiraten, wenn das „alle“ in den USA könne. Was Du dann machst, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Wobei mir nicht klar ist, warum homosexuelle Menschen keine Kinder kriegen können. Ich kenne zumindest einige homosexuelle Paare, die Kinder haben.

      • David says:

        [Gelöscht] wie sieht das eigentlich dein Arbeitgeber [Namen gelöscht, die Redaktion], welche ultra-radikalen Forderungen du so vertrittst?

        Was sagen denn die Frauen [Hinweise, die Persönlichkeitsrechte verletzen gelöscht, die Redaktion], dass du dafür eintrittst, dass 85 Prozent der Bevölkerung, darunter alle heterosexuellen Frauen, nicht mehr öffentlich küssen sollten? [Hinweise, die Persönlichkeitsrechte verletzen gelöscht, die Redaktion]

        Und überhaupt, warum unterstellst du Leuten, die deine Forderungen nicht teilen, „reflexhafte Angst“? Hältst du dich für die einzige, die sachlich begründet eine Position vertreten kann?

        Und wie kommst du eigentlich dazu, Menschen, die deine Forderung nicht teilen, zu unterstellen, sie wurden Leuten, „die Schwule, Bisexuelle und Lesben beschimpfen“ nicht auf die Füße treten? Geht es eigentlich noch dreister?

        [Liebe Leute, bitte lasst die persönliche Ebene in der Diskussion raus und lasst doch bitte solche Sachen, die direkte Hinweise auf Arbeitsgeber, Wohnort, etc. geben, raus. Ist doch nicht so schwer. Außerdem verdreht der Kommentar die Debatte. Die Redaktion.]

        • John F. Nebel says:

          David, du verdrehst die Aussagen und postulierst ein angebliches „Knutschverbot“. Und gleichzeitig greifst Du Helga unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten an, was wir rausgelöscht haben. Ein ganz schön armseliger Hanswurst musst Du sein.

          • David says:

            Ach weißt du, John F. Nebel, mein Posting war sicher kein Glanzstück, aber sicher um einiges sachlicher als deines. Andere dazu zu ermahnen, nicht persönlich zu werden, um sie dann einen „ganz schönen armseligen Hanswurst“ zu nennen, – nun ja.

            Zu den Persönlichkeitsrechten: Helga hat ihr Posting selbst per Link mit ihrer Homepage und damit Vita verlinkt, die angeblich ihre Persönlichkeitsrechte verletzenden Angaben sind von ihr selbst ins Netz gestellt, von ihr selbst mit ihrem Posting verknüpft und genau zwei Klicks von ihren Posting entfernt.

            Auch sonst tritt sie öffentlich mit Namen und Vita für ihre Positionen ein. Da muss man die gute Helga also auch mal darauf festnageln können.

            Hier eine „Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ zu unterstellen halte ich für abenteuerlich. Aber von mir aus: Sich im Zweifel für eine Löschung der entsprechenden Passagen zu entscheiden ist in Ordnung.

            Ferner habe ich niemandem unterstellt, ein „Knutschverbot“ zu fordern, sondern ausdrücklich von „Forderungen“ geredet, nach der andere „nicht knutschen _sollten_“.

            Ganz allgemein kann ich sagen, dass ich keine antifeministische Agenda habe und niemals hatte, im Gegenteil habe ich den Feminismus immer verteidigt. Von einzelnen Vertretern und Vertreterinnen, darunter Helga oder Frau Lantzsch halte ich aber allerdings wenig bis gar nichts, die Gründe dafür sind vielfältig und von mir auch benennbar, das würde an dieser Stelle allerdings zu weit führen.

  3. Josef says:

    Hier schreibt der Autor von einem generellen Knutschverbot in der WG-Küche: „Verletzungen werden am besten mit Ideologien verschleiert. Dann gehts ums Ganze. Um das Gute. Oder zumindest gegen das Schlechte. Aber wenn wir mit solch riesigen Begriffen um uns werfen, ist es nicht nur eine wirksame Verteidigung, es ist auch eine wirksame Erstickung.“

    https://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=tz&dig=2011%2F03%2F26%2Fa0031&cHash=09656555c73f128983dbf8f784ab317e

    Die Mutter meiner Ex hatte ihr verboten in der Öffentlichkeit zu knutschen, weil sie heteronormativität damit fördere. Das war keine entspannende Erfahrung für sie. Das man sensibel sein sollte, in welchen Räumen man sich wie (auch sexualisiert) verhält steht aber fest – wir sind nunmal eine Gemeinschaft und Machtverhältnisse, Traumata, Gemütlichkeitswerte sind alle unterschiedlich verteilt…

  4. Egal says:

    Dieses „unsichtbarer Protest“-Argument, das dauernd in der Debatte auftaucht, zeigt sehr schön, wer mitgedacht wird und wer nicht. Das Agument ergäbe nur dann Sinn, wenn es bei dem „Knutschverzicht“ darum ginge, andere Heten auf was aufmerksam zu machen. Dass niemensch denkt „HEEE! Die da knutschen nicht! Das ist bestimmt ein Protest gegen Heteronorm und Homophobie, da mach ich mir auch mal Gedanken zu!“ ist schon klar. Aber wer aufs öffentliche Rumgeknutsche verzichtet, drückt Homosexuellen nicht permanent rein, dass er_sie was kann, was ihnen gesellschaftlich verwehrt ist.
    Dass dadurch Homophobie und Heteronormativität verschwinden würden, behauptet keine_r. Es ist nur ein winziger Baustein.

    Ich verstehe auch nicht, wie man sich da so mit Händen und Füßen gegen wehren kann. Ist es denn so schwer, mal nicht öffentlich rumzuknutschen (und jetzt erzähle mir keine_r, dass es für „die Homosexuellen“ dann ja auch nicht so schlimm ist. Freiwilliger Verzicht ist was anderes.)? In der Debatte wird so getan, als wäre jede Form von Zärtlichkeit unter Heten bald per Gesetz verboten, dabei wurde lediglich der Vorschlag gemacht, sich in der _Öffentlichkeit_ einfach mal zurückzuhalten. Ich finde Knutschen auch schön, ich muss aber nicht jedem_r unter die Nase reiben, dass ich es kann.

  5. Anda Cova says:

    Das ganz hier zeigt auch mal wieder, wie wichtig, Pseudonyme in solchen Debatten sind.

  6. John F. Nebel says:

    Bezieht sich auf http://www.metronaut.de/2013/04/solidarischer-knutschverzicht/#comment-69517.

    David, ich halte es generell für falsch Leute hier oder anderswo mit personenbezogenen Daten (auch wenn sie diese selbst veröffentlicht haben) zu kontern und damit einzuschüchtern. Das macht jede Debatte kaputt, führt zu einer Atmosphäre, in der sich Leute nicht mehr getrauen zu kommentieren – und deswegen auch die unsachliche und persönliche Beleidigung an Dich zurück. Auch wenn das, da muss ich dir Recht geben, nach dem Aufruf, die persönliche Ebene rauszulassen, etwas inkonsequent kommt…

  7. Jemensch says:

    Ich* bin ja jemensch, die*/er*/es* im Bedarfsfalle eine mit Parolen bedruckte Solidaritätsunterhose trage.

  8. Egal says:

    @Jemensch
    OOOOHHH, hast du dir den ganz alleine ausgedacht? :)

  9. lokalfilmer says:

    schaut für mich teilweise sehr nach hetenhass aus, der eine oder andere kommentar. und anderen was verbieten, weil ichs selber schwer habe? sprache verzerren, weil mein selbstwertgefühl soo leicht zu beeinträchtigen ist? erinnert mich alles an das repertoire von schwulenhassern: verbieten und verteufeln von allem, was mich stört. das soll dann befreiung sein? eine sprache aus */#/maluskel-i/xyz – damit sich bis hin zum asexuellpolyamorselbstverliebten jeder wiederfindet plus verbote für alle anderen? hier drehen gender-lbt-funktionärInnen endlich frei und zeigen was sie wirklich sind: spießers kleine(r)bruderschwesterweissnichtoderso. die wollten nämlich auch immer nur eines: verbieten, kontrollieren, sprachregeln.
    später debattenbeitrag, ich weiß. aber gerade erst entdeckt, das thema und zuerst für einen aprilscherz gehalten.

  10. Pil says:

    Naja, wer keine anderen Probleme hat….

    Als nächstes kommen dann die UnfruchtbarInnen mit dem Wunsch, Kinder vor Einkaufszentren im Auto sitzen zu lassen und keine Kinderfeste auf öffentlichen Plätzen zu veranstalten,
    …oder die Alleinstehenden & Singles mit dem Wunsch nach Geschlechtertrennung in Kinos, Klubs & Festivals.

    Herr Kubitschek: „Sach‘ ma, geht’s noch!?!“

    Opa Langert: „Geht ma‘ arbeiten!!“

    Meine Vorschlagsidee:
    Aus Solidarität mit den geringverdienenden Aufstockern oder diplomierten Kunst-Medien-Sozial-Irgendwas bitte auf das Fahren von Neuwagen der Marke VW, Audi, BMW und Mercedes zu verzichten, sowie das Rumsitzen vor Edelbars, das Spazierenfahren von 2000€-Fahrrädern und öffentliche Tragen von Hugo-Boss-Kleddagen einzustellen.

  11. m says:

    ich habe nichts dagegen, dass homos, heteros, pflanzen und tiere und alles andere knutschen. also knutsche ich als hetero was das zeug hält und zwar wann ich ich will, wo ich will und mit wem ich will. und jede, die etwas dagegen hat, kann eine nummer ziehen, sich in die reihe stellen und mich am arsch lecken.

    es ist hervorragend, dass frauen wie antje schrupp nichts zu sagen haben. wäre dem so, hätten wir 1984-ähnliche zustände.

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