Endlich noch mehr Überwachung, Folge 460

CC-BY-NC-SA adesigna

Hurra, noch mehr aus der Welt der Repression und Überwachung:

In Spanien geht das „Gesetz zum Schutz der Sicherheit der Bürger” (Metronaut berichtete) in die letzte Runde. Neben Einschränkungen von Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, macht Spanien jetzt auch in Sachen Internetcafés dem autoritären China Konkurrenz, wie netzpolitik.org berichtet:

Maßnahmen, die von den Medien übersehen wurden, beinhalten den Artikel 25, der Internetcafés und ähnliche Einrichtungen dazu verpflichten würde, die Identifikationsdaten ihrer Kunden zu speichern, da sie Einrichtungen für die Sicherheit der Bürger relevante Handlungen ausüben. Die Nichteinhaltung des Artikels 25 würde zu Strafgebühren zwischen 100 und 30.000 Euro führen. Zusätzlich zu finanziellen Strafen sieht der Entwurf die Aussetzung von Lizenzen und Erlaubnissen und sogar das Schließen der Einrichtungen vor (siehe Artikel 36 (22), 37(9) und 39).

Und auch der damals noch feuchte Traum der Polizei, nämlich ein Verbot der Verbreitung von Bildern prügelnder Polizisten, geht in Erfüllung, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet wird:

Artikel 36 verdient besondere Aufmerksamkeit. Er legt die Grundlage dafür, dass die unautorisierte Verwendung von Bildern, persönlicher oder professioneller Daten von Sicherheitsbeamten als ernster Verstoß kategorisiert werden würde. Dieser Artikel würde Artikel 559 des Strafgesetzes ergänzen, der gerade mit dem Entwurf zur Reform des Strafgesetzes durch den Kongress (spanisch) geht. Falls angenommen, würde Artikel 559 auch die öffentliche Verteilung oder Verbreitung von Nachrichten oder Aufträgen, die zum Begehen irgendeiner Straftat oder eines öffentlichen Ärgernisses anstiften oder die Entscheidung zu solchen unterstützen, mit bis zu einem Jahr Haft strafbar machen. Diese Bestimmung würde prinzipiell bedeuten, dass beispielsweise das Fotografieren oder Filmen von Missverhalten von Sicherheitsbeamten das Risiko der Strafverfolgung mit sich bringt.

Wer jetzt denkt, sowas können nur die Spanier, der hat weit gefehlt.

Viel zu wenig Aufmerksamkeit hat der leider etwas länglich geschriebene Artikel „Informationelle Fremdbestimmung: Kampf gegen Eintrag in Polizeidatenbank wegen Demonstration “Freiheit statt Angst“ bekommen.

In ihm geht es darum, wie jemand im Frühling des Jahres 2010 eine Demonstration anmeldet, im Spätsommer unberechtigterweise auf der Demonstration „Freiheit statt Angst“  ins Visier der Polizei gerät – und das ohne jemals einer Personalienfeststellung unterzogen worden zu sein. Im gleichen Jahr reiste der Betroffene dann noch zu einer Demonstration nach Brüssel und wurde dort von der belgischen Polizei ohne jeglichen Tatvorwurf in Gewahrsam genommen. In keinem der Fälle beging der Betroffene Straftaten, es gab auch keine Gerichtsverfahren. Wir reden also von einem unbescholtenen Bürger.

Dennoch geriet die Person gleich in mehrere Datenbanken:

  • im Rahmen der Anmeldung von Demonstrationen illegalerweise in die Zentraldatei “PMK-links-Z” (das LKA Berlin lieferte die Informationen an den BKA-Staatsschutz)
  • als Tatverdächtiger wegen „Widerstandes gegen Polizeivollzugsbeamte“ in das “Polizeiliche Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS)” in Berlin
  • mit einer Kriminalakte in Staatsschutzsachen in INPOL, dem im Rahmen eines elektronischen Datenverbundes betriebenen Informationssystem der deutschen Polizei
  • mit Hinweisen auf das Ermittlungsverfahren und die Ingewahrsamnahme in Belgien in die Verbunddatei ‘Innere Sicherheit’ (IFIS)
  • im Rahmen der Kriminalakte ins polizeiliche Informationssystem b-case

Zusätzlich wurden die Informationen der Ingewahrsamnahme in Brüssel von der “Police Working Group on Terrorism (PWGT)” weitergeleitet an 15 weitere europäische PWGT-Teilnehmerstaaten und damit das BKA, das die Information wiederum weiterleitete:

  • an alle Landeskriminalämter
  • an das Bundesamt für Verfassungsschutz
  • an die Bundespolizei

Es lohnt sich diese kafkaeske Beschuldigungskette mal ganz durchzulesen. Das Beispiel zeigt sehr schön, wie jemand, der keinerlei Straftat begeht, in das Visier und die Datenbanken zahlreicher Polizeien und Geheimdienste geraten kann. Von daher trifft der Titel „Informationelle Fremdbestimmung“ sehr gut, was da passiert ist.

3 Kommentare

  1. hym3r says:

    Deshalb am 30. August zur Freiheit statt Angst nach Berlin kommen! Alle Infos unter https://freiheitstattangst.de

  2. Martin Däniken says:

    Eigentlich könnten sich Daten- und Bürgerschützer viel Arbeit sparen wenn sie Mitgliederbenachrichtigungen usw outsourcen würden und der Polizei/nachrichtendiensten überlassen würden. Denn sie sind rund um die Uhr erreichbar,streiken nicht(noch nicht!). Und können sich aufgrung gesteigertem Engagement in ‚Bereich Bürgernähe noch?mehr „likes“ kreieren ;-)…Ich plädiere dafür die Ordnungskräfte für eine Offensive in Bürgernähe zu optimieren!!
    Das führt natürlich zum Gegenteil da sich Behören trotz vieler Bemühungen grad damit schwertun.

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