Ganz Berlin blockiert Bärgida

CC-BY-SA Sebaso

Die Berliner Version von Pegida mit dem lachhaften Namen „Bärgida“ ist massiv gescheitert. Das Häufchen von etwa 200-300 Demonstranten mit regennassen Deutschlandfahnen wollte eigentlich um 18:30 Uhr vom Roten Rathaus über „Unter den Linden“ zum Brandenburger Tor marschieren. Doch am Roten Rathaus war dann auch schon Schluss. Umzingelt von Gegendemonstranten verharrte die skurrile Mischung aus Senioren, Honks, Hooligans und stadtbekannten Nazis bis 21 Uhr fahnenschwenkend am Aufmarschpunkt – und gab dann auf.

Eine offizielle und große Gegendemonstration mit mehreren tausend Teilnehmern gab es an der Stralauer / Ecke Leipziger Straße, doch es war dann eher die kleine Blockade mit bis zu 500 Leuten, die an der Rathausstraße / Ecke Spandauer Straße einen Abmarsch verhinderte. Zusätzlich demonstrierten Menschen vor und hinter dem Brandenburger Tor gegen Bärgida.

Bei aller Freude über die zahlreichen antirassistischen Demos in Berlin, Münster, Köln und anderswo, muss man die erfolgreiche Blockade in Berlin auch vor dem Hintergrund bewerten, dass die Gegendemo breiteste Rückendeckung – von Justizminister Maass bis zum Auswärtigen Amt – bekommen hatte:

Zudem wurde die Beleuchtung des Brandenburger Tores aus Protest gelöscht, Politiker vieler Parteien trafen sich zum Stelldichein vor historischer Kulisse.

In so einer politischen Atmosphäre knüppelt die Polizei eine Gegendemo nicht so schnell weg wie sonst üblich. Und es kam dann schnell das Gefühl auf, dass Bärgida wirklich nicht zum Brandenburger Tor laufen sollte.

Die Berliner Polizei fuhr in diesem Sinne eine sehr kluge Taktik, ließ mindestens zehn Räumungsaufforderungen ohne jegliche Konsequenz verstreichen und ging dann zu Durchsagen (oftmals in der Du-Form) über, dass sie nun Personalien feststellen wolle und die Blockierer ihren Personalausweis griffbereit halten sollten. Letzteres übrigens ein Novum bei Demo-Polizeiansagen.

Gegenüber der Berliner Zeitung gab die Polizei an, dass sie nicht räumen hätte können, weil kleine Kinder unter den Demonstranten gewesen seien. Die gab es tatsächlich. In deutlichem Abstand von der Blockade.

Zwischen etwa 20 und 21 Uhr ging die Polizei zu Personalienfeststellungen über, bei denen aus der kleinen Blockade über eine gute Stunde hinweg etwa 15-20 Menschen einzeln in Gewahrsam genommen wurden. Hierzu stieß die Polizei immer wieder recht ruppig mit Greiftrupps in die Blockade, ließ die Kreuzung jedoch wundersamer Weise offen, so dass immer Menschen nachsickern konnten.

Irgendwann gaben die Pegida-Anhänger, die zuvor die Polizei mit „Räumen, Räumen!“ angefeuert hatten, auf. Es dauerte einfach zu lange und die Polizei machte dem Bärgida-Anmelder deutlich, dass sie das Loslaufen nicht zulassen werde.

Das Verhalten der Polizei zeigt sehr schön, welche Ermessensspielräume und Verhältnismäßigkeitsgrundsätze angesetzt werden können, wenn der politische Wille da ist. In diesem Fall ist das Vorgehen durchaus zu begrüßen. Es ist ein schöner Erfolg, dass die Rassisten nicht marschieren konnten.

Und doch: Ganz alleine haben die bunten Gegendemonstranten Bärgida heute nicht blockiert.

8 Kommentare

  1. Fidel says:

    Ich erinnere mich gut an den/die Artikel [1] auf diesem Blog über konfisziertes Radio-Equipment am Rande einer Demo.
    So schnell ändert sich wohl das Bild von der Polizei, wenn sie das macht, was einem in den Kram passt?!
    Wer die Grundrechte anderer Menschen einschränkt und sich anschließend auch noch damit brüstet, hat mE nichts von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstanden, ist kein Demokrat.

    Das war/ ist ein Pyrrhussieg, liebe Metronauten.

    P.S. Ich erinnere an linke und rechte Schlägertrupps in der Weimarer Republik. Wollt ihr wirklich dahin zurück?

    [1] http://www.metronaut.de/2014/07/podcastbus-prozess-urteil-rechtskraeftig-urteilsbegruendung-eine-wahre-freude/

    • Ché says:

      Fremdenfeindlichkeit ist hierzulande (glücklicherweise noch) KEIN Grundrecht und als aufrechter Demokrat schränke ich gerne die Vollpfosten ein, die dieses Land gerne zum Dritten Reich zwei.null machen wollen.

    • John F. Nebel says:

      Das haben Sie in den falschen Hals bekommen. Der Artikel soll deutlich machen wie politischer Wille und Handeln/Spielräume der Polizei verknüpft sind. Wenn die Polizei wie bei S21 für hartes Vorgehen Rückendeckung hat, haut sie auch hart drauf. Und eben umgekehrt. Man kann sich trotzdem freuen, wenn Rassisten nicht marschieren. Auch wenn das mit dem Vorgehen der Polizei verknüpft ist. Allzu oft war es ja so, dass die Polizei mit aller Gewalt und Pfefferspray gegen die Gegendemonstranten vorging. Und auch gestern war es ja mit 19 teils sehr ruppigen Festnahmen auch nicht nur Ponyhof…

  2. RJonathan says:

    Der Vollständigkeit halber könnte man vielleicht auch noch erwähnen, dass man keinen „schwarzen Block“ in der Gegendemo wahrnehmen konnte. Das ist durchaus auch etwas, dass bei anderen Gegendemonstrationen unterschiedlich ist. Das könnte das Handeln der Polizei auch mit-beeinflusst haben.

    • John F. Nebel says:

      Also in der kleinen Blockade, da war schon viel klassische Antifa. Schwarzer Block ist ja auch immer etwas irreführend und impliziert, dass die immer nur Gewalt machen wollen. Dabei gab es in den letzten Jahren oftmals sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit von dem, was Du „Schwarzer Block“ nennst, und anderen zivilgesellschaftlichen Kräften unter einem Aktionskonsens, der Aktionen des Zivilen Ungehorsams wie Blockaden, z.B. in Dresden ermöglichte. Ich finde deswegen diese Unterscheidung in gute und schlechte Gegendemonstranten überhaupt nicht zielführend. Protest ist immer ein Mosaik unterschiedlicher Ansätze.

  3. g417 says:

    Nicht Bärgida ist gescheitert oder lächerlich, sondern der Zustand unserer Demokratie.

    • Tobi says:

      Was ist undemokratisch daran, wenn 5.000 Gegendemonstranten ihre Meinung ebenso äußern wie 200 Pegideppen?
      Da spricht die Mehrheit des Volkes, das ist gelebte Demokratie. Wo ist dein Problem? Ach ja, es geht dir ja gar nicht um Demokratie. Findet euch damit ab, dass eure Floskeln nicht über euer braunes Gedankengut hinwegtäuschen können und lasst es einfach bleiben.

  4. Martin Däniken says:

    Bei einer Gegendemo hatte mindenstens ein Mensch mit deutschlisch erkennbaren Migrationhintergrund die Papnasengida mit Helene Fischers „Atemlos“ beschallt…

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