Zynisch: Der 10-Punkte-Plan der EU

Foto: CC-BY-NC-ND GUE/NGL (Flickr)

Die EU hat heute einen 10-Punkte-Plan vorgestellt, als Antwort auf die mehr als 1000 toten Geflüchteten alleine in dieser Woche. Verkauft wird dieser Plan als humanitäre Maßnahme. So verkündete Merkel: „Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass weitere Opfer im Mittelmeer vor unserer Haustür umkommen auf quälende Art und Weise“

In Wirklichkeit verbirgt sich hinter dem „alles tun“ eine weitere Verschärfung und Militarisierung der europäischen Flüchtlingspolitik. Der 10-Punkte-Plan setzt die todbringende Abschreckungspolitik (Podcast) gegenüber Menschen, die nach Europa einwandern wollen, konsequent fort.

Die einzelnen Punkte des EU-Planes:

1. Stärkung der Operationen Triton und Poseidon im Mittelmeer durch eine Verdoppelung der finanziellen Mittel für Such- und Rettungsaktionen.

Die Mittel für Triton liegen bei etwa 3 Millionen Euro monatlich, die Mare Nostrum Mission hatte 9 Millionen im Monat. Suche und Rettung wird also nicht auf einen besseren Stand als bei Mare Nostrum gestellt, denn eine zu erfolgreiche Rettung widerspricht dem Abschreckungsmodell der EU.

2. Ein systematischer Einsatz, um die Boote der Schlepperbanden aufzuspüren und zu zerstören.

Die EU bezieht sich in diesem Punkt wörtlich auf „die positiven Erfahrungen aus der Atalanta-Mission„. Dabei handelt es sich um den militärischen Anti-Piraterie-Einsatz der EU vor Somalia.

3. Europol, Frontex, Easo (das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen) und Eurojust treffen sich regelmäßig  zum Informationsaustausch bezüglich des Modus Operandi der Schlepperbanden, um deren Mitglieder und ihre Finanzkanäle zu verfolgen.

Hier eine klare Hinwendung gegen die Fluchthelfer/Schlepper, die stärker und koordinierter verfolgt werden sollen.

4. Das Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen schickt Teams nach Italien und Griechenland für beschleunigte Asylverfahren vor Ort.

Das muss wohl als Beruhigungspille für Italien und Griechenland verstanden werden, die als Ankunftsländer mit sehr vielen Geflüchteten klar kommen sollen.

5. Mitgliedsstaaten der EU stellen Fingerabdrücke aller Migranten sicher.

Auch hier richtet sich das Handeln der EU gegen die Migranten selbst, die noch stärker kontrolliert und identifiziert werden sollen. Dieser Punkt kann auch als Vorstoß gegen Italien verstanden werden, das teilweise keine Fingerabdrücke mehr nahm, damit die Geflüchteten auch in andere Länder konnten.

6. Gemeinsame Erstellung von Szenarien zur schnellen Verteilung von Flüchtlingen.

Verbirgt sich hier hinter der gerechtere Verteilungsschlüssel innerhalb der EU?

7. Ein EU-weites Pilot-Projekt zur Ansiedlung von Flüchtlingen – insgesamt 5.000 Plätze für Menschen in Not.

Was auch immer sich hinter dem Pilotprojekt verbirgt, es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

8. Aufbau eines neuen Abschiebe-Programms zur schnellen Abschiebung von illegalen Einwanderern, koordiniert durch Frontex.

Ein weitere Repressionsmaßnahme gegen Geflüchtete.

9. Zusammenarbeit der EU-Kommission und des Europäischen Auswärtigen Dienstes mit Ländern rund um Libyen. Initiativen im Niger müssen ausgebaut werden.

Eine der Strategien der EU war es immer, die Grenze für Flüchtlinge weiter nach außen zu verschieben. Sie war seit jeher darum bemüht, die Transitländer der Geflüchteten mit in ihre Abschreckung mit einzubeziehen und eine Art Pufferzone zu etablieren. So gibt es zum Beispiel mit Tunesien eine so genannte „Mobilitätspartnerschaft“, die Abschiebungen in das Land erleichtert. Ein ähnliches Abkommen besteht mit Marokko.

10. Entsendung von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen in wichtige Drittländer, um nachrichtendienstliche Informationen zu Migrantenströmen zu sammeln und die Rolle der Entsandten zu stärken.

Auch hier geht es darum, Flüchtlinge abzuhalten, Europa zu erreichen.

Der ganze 10-Punkte-Plan liest sich wie aus der Feder der AfD und ist mitnichten eine Änderung der EU in ihrer Ausrichtung der Flüchtlingspolitik. Vielmehr ist es der Versuch die Flüchtenden unsichtbarer zu machen, sie immobiler zu machen, den Preis für die Flucht zu erhöhen, sie mehr zu überwachen, sie schneller in Pufferzonen mit niedrigeren Menschenrechtstandards abzuschieben.

Soll doch lieber die Polizei in Niger die Flüchtenden zusammenknüppeln, internieren und abschieben – für Merkel und ihre Regierung ist das auf jeden Fall besser als sich hierzulande mit „quälenden Bildern vor der Haustüre Europas“ und lästigen Debatten über die „Unvereinbarkeit mit den Werten Europas“ herumschlagen zu müssen.

2 Kommentare

  1. Martin Däniken says:

    „Ein Zyniker ist ein Mensch, der von jedem Ding den Preis und von keinem den Wert kennt.“.
    Oscar Wilde

  2. Martin Däniken says:

    „länder rund um Lybien…“ da kann ja jetzt Tunesien hinfügen.
    Kleiner Austausch von Technik,das die tunesischen Sicherheitskräfte ihr Volk noch besser ausspähen können-Dafür (noch) mehr Entgegenkommen bei der Flüchtlingsproblematik….

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