Beim Umgang mit der Torte zeigt die AfD ihr hässliches Gesicht (Update)

Foto: CC-BY-NC-ND EvasSvammel (Flickr)

Ok, eine Torte ist nicht die feine politische Art. Sie ist vermutlich die radikalste vom Mainstream gerade noch tolerierte Form jemanden tiefe Verachtung zukommen zu lassen. In Ländern wie Österreich oder Belgien mehr als hierzulande.

Wenn jemand getortet wird, hat er zwei Möglichkeiten: Die Torte weglächeln a la Guttenberg oder sich selber zum Trottel machen. Die AfD hat letzteres gewählt.

Sie fiel über den Tortenwerfer her, verprügelte ihn nach dessen Aussage, rief die Polizei. Die Polizei ermittelt jetzt nicht nur gegen den Tortenwerfer wegen Beleidigung, sondern auch gegen die Teilnehmer der AfD-Versammlung wegen des Verdachts auf schwere Körperverletzung. (Den ganzen Hergang und alle Pressereaktionen in unserem Artikel)

Doch dann ging die AfD weiter – und das lässt tief blicken in den Charakter der Partei. AfD-Mann Marcus Pretzell drohte Medien, die über die Aktion berichteten, recht unverhohlen:

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Die Presseabteilung verglich Torten mit Steinen:

Die getortete Beatrix von Storch veröffentlichte auf ihrem Facebook-Profil eine Porträtaufnahme des Tortenwerfers samt dessen kompletten Namen. (Namen hier geschwärzt)

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Das ist nicht nur eine eindeutige und justiziable Persönlichkeitsrechtsverletzung, das kann man auch als Aufruf zur Gewalt verstehen. Und so dauert es nicht lange, bis in den ersten Kommentaren unter dem Post Aufrufe zur Gewalt gegen den Tortenwerfer auftauchen (die nicht gelöscht werden):

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„Namen und Fotos speichern, Linksfaschisten ein Gesicht geben!“ oder „Hoffe jemand haut diesen linken Faschisten paar auf Fresse!!!“ Auf der Aktionsseite der Aktivisten gibt es zahlreiche Gewaltandrohungen von AfD-Anhängern. Und auf Twitter posten Pegida-Anhänger das Foto des Tortenwerfers gepaart mit Drohungen oder fordern Namenslisten anzulegen:

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Interessant an Storchs Post ist übrigens auch, dass sie gerade selber merkt, dass sie mit der beleidigten Leberwurst-Tour wenig gut ankommt. Sie hat ihren ursprünglichen Post um ein neckiges „PS: Das nächste mal aber lieber Erdbeerkuchen. Sahne macht doch dick“ ergänzt. Angelehnt ist das wohl an Herrn Guttenberg, der laut Überlieferung „Beim nächsten Mal bitte Käsesahne“ forderte.

Der Zug die Torte humoristisch noch zu wenden, ist aber abgefahren, auf dem Hashtag #tortalerkrieg, wird ein Mem nach dem anderen abgefeuert. Aber bei der AfD setzt man offenbar eh lieber auf Gewalt, Drohungen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Update 29.2.2016:

Die gezielte Persönlichkeitsrechtsverletzung der AfD-Politikerin Storch zeigt ihre unschöne Wirkung: Nach eigener Aussage bekommt der Tortenwerfer seit der Veröffentlichung zahlreiche Morddrohungen von AfD-Anhängern und der Neonazi-Szene. Frau von Storch wäre gut beraten, das Porträtbild unverzüglich zu löschen. Das Thema der Morddrohungen und Gewaltaufrufe wird mittlerweile zum Bumerang für die AfD, mittlerweile berichten auch andere Medien wie die Tagesschau über diesen Zusammenhang.

Auf Storchs Facebook-Profil postet jemand mit einem Fake-Profil des Tortenwerfers provozierende Sprüche mit persönlichen Daten, angeblichen Telefonnummern und Adressen. Da Storch diese Aufrufe nicht wegmoderiert, macht sie sich mitschuldig an den Morddrohungen.

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Update 1.3.2016
Zu den Morddrohungen und Gewaltaufrufen ist ein lesenswertes Interview mit dem Tortenwerfer in der Berliner Zeitung erschienen. Es trägt den Titel „Man wirft eine Torte rein und bekommt Morddrohungen zurück“. Der Aktivist hat mittlerweile Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen unbekannt gestellt. Er bekam Anrufe, in denen ihm mit dem Tod gedroht wurde.

Netzpolitik.org hat die rechtliche Lage des von Storch-Posts recherchiert. Dort sagt der Medienanwalt Ansgar Koreng:

Ein Gewaltaufruf ist mit von Storchs Veröffentlichung nicht verbunden. Es mag aber sein, dass die Autorin in die Haftung für derartige Aufrufe durch Dritte gerät, wenn sie sie kennt und nicht dagegen einschreitet.

Die AfD-Politikerin Storch war auf eine Anfrage von Netzpolitik nicht zu erreichen und ließ die Anfrage unbeantwortet.

Die taz hingegen hat von Storch eine Antwort bekommen. Dort wird die AfD-Politikerin folgendermaßen zitiert:

„Das Team der Europapolitikerin löscht die entsprechenden Einträge auf Facebook nicht. Es seien zu viele Kommentare sagt von Storch.“

Sie verurteile jedoch die Morddrohungen gegen den Tortenwerfer. Anders liest sich im gleichen Artikel der Pressesprecher Ronald Gläser. Er sagte der taz:

„Wer mit dem tortalen Krieg droht, darf sich nicht wundern, wenn auch unsere Leute mit übertriebenen Emotionen reagieren.“

Die „Leute der AfD“ haben gegenüber der Polizei mit Falschaussagen einen Polizeieinsatz ausgelöst, das berichtet der Tortenwerfer:

Update 2.3.2016:

Frau von Storch hat sich heute auch gegenüber jetzt.de geäußert:

„Der Täter hat die Öffentlichkeit gesucht und bereits um 12.30 ein Video seines Angriffs veröffentlicht. Gern habe ich ihm auf Facebook die Aufmerksamkeit verschafft, die er sich gewünscht hat, als er sich öffentlich zu der Tat bekannt und für mein Foto von ihm posiert hat.“

Diese Aussage ist mehr als zynisch und angesichts der Morddrohungen verantwortungslos. In keinem Video des Tortenwurfs war der Tortenwerfer mit seinem Gesicht zu erkennen. Nirgendwo tauchte sein Name auf. Bekannt hatte sich nach unserer Recherche bis zum Nachmittag nicht einmal das Peng Collective. Eine Porträtaufnahme samt des vollen Namens veröffentlichte die AfD-Politikerin von Storch, gegen den Willen des Tortenwerfers – und mit den bekannten Folgen.

Auf Facebook legt von Storch nochmal nach, wirft dem von Morddrohungen und fingierten Anrufen (taz) Betroffenen vor, er würde rumheulen und rumjammern. Eine Förderung von Peng durch die Kulturstiftung des Bundes am Theater Dortmund (Metronaut berichtete), legt sie als offizielle Förderung des Tortenwurfs aus. Das passt in die Verschwörungsideologien der Rechten, ist aber natürlich eine Falschmeldung. Nur wenige Minuten nach Storchs Facebook-Meldungen, tauchen wieder Gewaltaufrufe und Adressnennungen in den Kommentaren auf.

Dass Storch mit ihren Reaktionen auf die Torte keine Punkte macht, zeigt sich auch, dass sogar die FAZ resümiert: „Selbst ein Tortenwurf langt, damit die AfD blank zieht“. Und auch sonst ist das mediale Echo (tagesschau.de) auf die von Storch in Kauf genommenen Morddrohungen einhellig: Das geht gar nicht.

15 Kommentare

  1. Skythe says:

    Die Zeichensetzung ist leider echt ne Katastrophe. Musste einige Sätze mehrmals lesen.

    Ansonsten: Danke für’s Update.

  2. Wamilu says:

    Hab das Video Gestern auf der eingerichteten Seite gesehen und fand die Aktion vom eigenen Gefühl her nicht gut. Es gibt andere Mittel gegen Rassisten und Nazis, als den poltischen Arm zu provozieren. Die Leute die dort zusammen gesessen haben sind noch ehr dialogfähig als die Leute, die denen nachrennen und dessen Stimmen sie abgreifen wollen bei der Wahl.

  3. Frank says:

    und worin unterscheiden sich jetzt die Facebookeintäge von jenen?
    http://www.abload.de/img/mobile.4070s8q.jpg

    Alles die gleichen dumme Menschen, die sich nicht im geringsten von ihrer Radikalität unterscheiden.

    • John F. Nebel says:

      Ja, auch diese Leute haben die politische Aktionsform des Tortens nicht verstanden. Es geht beim Torten niemals darum einen Menschen körperlich zu verletzen. Ich empfehle dazu die Beschäftigung mit dem Erfinder des politischen Tortenwerfens, Noel Godin.

      Gewissermaßen ist das Torten ein Spiel mit Sahne und Verachtung. Eine bewusste Grenzübertretung, die aber einen festen Rahmen, ja eine Harmlosigkeit hat. Diesen Rahmen des Spiels verlassen gerade viele und insbesondere jene, die mit Gewalt und Mord drohen.

  4. Lenny says:

    auf facebook verbreitet jemand mit einem fake-profil telefonnummer und adresse des tortenwerfers, u.a. in den kommentaren bei von storch.

  5. Anonym says:

    Wenn man die Bilder in klein sieht (auf dem Smartphone) kann man die Namen trotz Verpixelung trotzdem erkennen. Macht sie doch am besten ganz weg.

  6. Wundere mich dass ihr meinen Kommentar hier nicht freigeschaltet habt?

  7. Bernd says:

    Es ist doch unwichtig ob das Werfen von Torten Gewalt ist oder nicht (es ist keine, der Straftatbestand der da einschlägig ist ist der der ‚Beleidigung‘, zivilrechtlich kommen ggf. die Reinigungskosten für die tortenverschmierte Kleidung hinzu). Es ist eine in diesem Zusammenhang recht dümmliche Provokation, um die AfD-Anhänger zu Entgleisungen zu treiben, die man dann wieder anprangern kann und wird. Wer diese niveaulose Art der Auseinandersetzung haben will, bitte. Es wird der AfD aber eher Wähler zutreiben als Wähler abzuhalten. Die Tortenwerfer besorgen also ungewollt das Geschäft der Gegenseite. Schön blöd.
    Man muss die AfD politisch entzaubern und politisch bekämpfen, nicht mit Süßwaren oder Konfetti.

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