Wir müssen uns jetzt bekennen, verbünden und für die Demokratie kämpfen

CC-BY-NC-SA 2.0 Sergio Moratilla

Die Angst geht um. Soweit haben sie uns. In meinem Freundeskreis denken Menschen darüber nach, wohin sie auswandern werden, wenn die Rechtsradikalen das Ruder in diesem Land übernehmen. Ein Gedanke, der vor drei Jahren noch vollkommen abwegig war. So schnell ändern sich die Zeiten. So schnell ist die Gewissheit weg. Es ist dramatisch.

Ich will mich nicht mit Bestandsaufnahmen und Analysen aufhalten. Sie sind wichtig. Doch sie erschlagen uns, entmutigen uns. Zurück bleibt nur diese gähnende Ratlosigkeit. Und das demokratische Lager ist vollkommen ratlos, wie es den galoppierenden Rechtsruck stoppen kann.

Die Uhr tickt.

Es ist höchste Zeit, dass wir endlich in die Offensive kommen.

Es gibt in jedem Dorf, in jeder Stadt und überall Menschen, die alles tun, damit dieses Land eine Demokratie bleibt. Zigtausende, die sich Tag und Nacht dafür einsetzen, dass die Hetzer nicht noch mehr Boden gewinnen. Unendlich viele, die sich Sorgen machen, dass wir rechts abrutschen. Es ist also noch lange nichts verloren. Aber es muss mehr passieren.

Der Trainer des SC Freiburg hat in einer sehenswerten Pressekonferenz einfache und bewegende Worte gefunden, die im Kern beschreiben, was jetzt geschehen muss:

Da heißt es für alle anderen: sich bekennen! Und wer das nicht macht, wer sich nicht klar bekennt, der trägt eine Mitverantwortung, wenn es in die andere Richtung geht. Das ist klar. Da gibt es keine Ausflucht. Das ist so.

Wir müssen also Stellung beziehen gegen den Durchmarsch von Rechts. Wir müssen uns bekennen. Wir müssen überall und an jedem Ort gegen Rassismus eintreten. Den rechtsradikalen Parolen, ob sie nun offen oder verdeckt daherkommen, entschlossen entgegentreten. In der Straßenbahn genauso, wie auf Twitter oder Facebook. Beim Familienfest genauso wie bei der Arbeit. Und vor allem auch in und gegenüber Parteien. Immer und überall. Das Gute daran ist: Wir werden merken, dass wir mehr sind als wir dachten. Und wir stoppen damit den Zerfall demokratischer Selbstverständlichkeiten.

Wir sind die Mehrheit der Gesellschaft. Und das müssen wir jetzt deutlich zeigen, damit wir es auch bleiben. Wir brauchen jetzt das ganz ganz große Bündnis. Also das richtig große Bündnis. Und wir brauchen so schnell wie möglich mächtige Demonstrationen gegen Rechts. Das, was damals als Aufstand der Anständigen betitelt wurde. Ein demokratisches Zusammenhalten. Zusammenstehen. Zusammengehen. Hand in Hand mit hunderttausenden Teilnehmern – von CDU bis linksradikal. Wir müssen uns bekennen. Sichtbar werden. Zeigen, dass wir die Mehrheit sind. Dass wir die Bevölkerung sind. Und dass wir uns die Demokratie nicht wegnehmen lassen.

Und wir müssen unsere Scheuklappen abnehmen. In diesem Kampf um die Demokratie bleibt nur als Weg, dass wir uns auf das Einigende besinnen. Auf gemeinsame Werte und Selbstverständlichkeiten konzentrieren, die gerade in Frage gestellt werden. Es gibt Schnittmengen zwischen weltoffenen Konservativen und weltoffenen Linken. Sei es der Respekt vor Menschenrechten. Der Respekt vor einem demokratischen Dialog. Der Respekt vor Menschlichkeit. Oder die Einigkeit, dass Grundrechte und das Grundgesetz nicht verhandelbar sind. Über alles andere können wir reden und verhandeln. Verbünden ist die Aufgabe der Stunde. Auch wenn das nicht leicht ist. Auch wenn es den Blick über den Tellerrand erfordert – und manchmal auch den Sprung über den eigenen Schatten.

Wir müssen uns gegenseitig unterstützen. Jede Initiative gegen eine mögliche rechte Machtübernahme ist jetzt wichtig und richtig. Antirassistische Bündnisse auf dem platten Land machen es vor: Sie können sich nicht mit Szene-Klein-Klein und Abgrenzungskram aufhalten, wenn sie etwas erreichen wollen. Sie müssen breit aufgestellt sein, auch wenn das manchmal schwierig ist und zu Reibungen führt. Wegen des Sachzwangs müssen sie Gemeinsamkeiten statt Trennendem suchen. Und diesen Sachzwang haben wir durch den rechten Durchmarsch gerade überall.

Deswegen ist jetzt wichtig, dass das linke Lager nicht jede zahmere Aktion als bürgerlich, spießig oder symbolisch abtut. Genauso sollte das demokratische Lager der Mitte nicht hinter jeder antifaschistischen Aktion Linksextremismus und Gewalt vermuten. Jede Spaltung der Demokraten wird den Rechtsradikalen bei der Durchsetzung ihrer Ziele helfen. Konstruktive und solidarische Kritik statt Spaltung ist deshalb die Devise. Wir können uns ein Gegeneinander gerade nicht mehr leisten, wenn wir handlungsfähig bleiben wollen. Wenn wir stark bleiben wollen. Wir müssen uns vertrauen.

Wir müssen zeigen, warum unser Gesellschaftsmodell offener, lebenswerter, inklusiver, schöner, gerechter, freier, sicherer und bunter ist als der auf Blut, Ausgrenzung und Abschottung beruhende völkisch-nationalistische Einheitsbrei. Das Ziel muss jetzt sein, dass wir verhindern, dass noch mehr Leute ins rechtsradikale Lager abrutschen. Dafür brauchen wir sowohl gute Argumente wie auch eine emotionale Ansprache. Wir müssen zeigen, warum eine Zukunft in der Demokratie und eine offene und freie Gesellschaft wirklich ein Leben in Würde für alle ermöglichen. Wir sollten zeigen, warum Empathie und das Mitdenken aller Mitglieder der Gesellschaft eine zivilisatorische Errungenschaft sind. Dafür müssen wir auch Missstände aufzeigen und Verbesserungen am jetzigen Modell vorschlagen. So werden wir den Rechtsradikalen ihr Narrativ nehmen, dass wir doch nur den Status Quo erhalten wollten.

Wir müssen mutiger werden. Einzelne Aktionen von Menschen, die sich bekennen, können große Wirkung entfalten. Das haben die letzten Wochen gezeigt. Die panischen Reaktionen der Rechtsradikalen auf so etwas und ihr Kampf gegen die Mutigen zeigen, dass sie genau davor Angst haben. Dieser demokratische Mut, dieses sich mit seinem Gesicht hinzustellen und Klartext zu reden, dieses „Bis hierher und nicht weiter!“ ist die Basis zur Abwehr der rechtsradikalen Machtübernahme. Wir sollten deshalb den Mut der Einzelnen mit unserer Solidarität belohnen. Und selber mutiger werden, weil wir wissen, dass wir nicht alleine sind. Unser demokratischer Mut wird die politische Niederlage der Rechtsradikalen sein.

Wir müssen einsehen, dass es viele Wege gibt, die zum Ziel führen. Die Vielfalt der demokratischen Zivilgesellschaft ist keine Schwäche, sondern ihre Stärke. Die unterschiedlichen Formen des Widerstands gegen den rechten Durchmarsch ergänzen sich. Jede Aktion ist ein Mosaikstein für den Erhalt der Demokratie. Wir können einerseits vielfältig mit einer Stimme sprechen und doch ganz unterschiedliche Lösungsmodelle anbieten. Wir können unterschiedlicher Ansichten sein und doch ähnliche Werte teilen. Das genau ist die Stärke der Demokratinnen und Demokraten. Das macht den Kern dieses Gesellschaftsmodells aus. Und das verteidigen wir jetzt.

Es ist noch nicht zu spät. Noch ist Hoffnung. Noch haben die Rechtsradikalen nicht gewonnen.

Also Kopf hoch.

Wir werden mehr werden. Wir werden uns verbünden und vernetzen. Und wir werden Demokratie und Menschenrechte gegen diesen Angriff des Rechtsradikalismus verteidigen.

7 Kommentare

  1. G.Strasser says:

    Was soll das denn? Deutschland war immer rassistisch. Das hat niemanden gestört und alles was heutzutage als „rechts“ bezeichnet wird, war jahrzehntelang völlig normal und auch die Position der Regierungsparteien. Erst seit diese fremdgesteuerte Bundeskanzlerin glaubt, Deutschland mit illegalen Einwanderern fluten zu müssen sollte es plötzlich ein „rechtes“ Problem geben.
    Es ist doch was oberfaul, wenn man beispielsweise auf die AfD eindrischt, deren Programm nicht anders ist als das der CDU/CSU vor zwanzig Jahren.
    Kommentar wird wahrscheinlich eh gelöscht, aber sie sollen wissen, dass nicht alle Deutschen das einfach so hinnehmen werden.

    • Thinktwice says:

      Das… ist so ungefähr der unüberlegteste und undifferenzierteste, wenn nicht gar der dümmste Kommentar, den ich seit langer Zeit lesen durfte.

      Deutschland war immer rassistisch? Gibt es dafür auch nur einen einzigen belastbaren Beleg? Ich bin schon mein ganzes Leben Deutscher… und ich war noch nie rassistisch. Darüber hinaus sind mir viele weitere Menschen bekannt, die dasselbe von sich behaupten können. „Es gab in Deutschland schon immer rassistische Strömungen“, damit hätte ich vielleicht leben können… aber Deutschland als Ganzes… ganz sicher nicht.

      Jahrzehntelang völlig normal… und allein dadurch ist es jetzt legitimiert? So wie die Sklaverei. Und die war ja auch gut. Völlig zu Unrecht von fremdgesteuerten Menschen abgeschafft. Als wäre es irgendein Privileg, als Weißer (oder Deutscher) geboren zu sein… und nicht bloß Zufall. Und selbst wenn es eines wäre, woraus würde es denn bestehen? Was soll es denn sein, das uns allen anderen überlegen macht und uns dadurch in die Lage versetzt, über sie zu richten? Das möge man mir doch bitte mal darlegen, ernsthaft.

      Nichts anderes als das der CDU/CSU vor zwanzig Jahren. Um ehrlich zu sein… ich weiß nicht, ob das so ist. Dafür reicht mein Interesse an solchen Dingen einfach nicht aus. Aber nehmen wir mal an, diese Aussage entspräche der Wahrheit. Gibt es dann vielleicht Gründe dafür, dass das vor zwanzig Jahren so war und sich bis heute wesentlich geändert hat? Mal nachgedacht? Aber anscheinend wurden Weiterentwicklung und Lernprozesse ohnehin bereits zum Feind erklärt. Viel zu komplex.

      Fremdgesteuert… das geht mir auch nicht auf. Wo ist denn dafür der Beleg? Es ist ausgeschlossen, dass Frau Merkel (auch) Ihre eigene Meinung vertritt? Wodurch? Sind wir nicht auch alle bis zu einem gewissen Grad fremdgesteuert? Erziehung, Prägung… aber das ist hier sicher nicht gemeint. Also erklären Sie mir das doch bitte… und belegen Sie es vor allem. Da Sie ja nicht fremdgesteuert sind und hier Ihre völlig eigene Meinung vertreten, sollte Ihnen dies ja problemlos möglich sein. Nicht zuletzt ist jede Meinung ja auch faktenbasiert. Also legen Sie mir Ihre Fakten doch bitte einmal dar… vielleicht muss ich ja auch umdenken.

      „Es hat nichts Edles, sich seinen Mitmenschen überlegen zu fühlen. Wahrhaft edel ist, wer sich seinem früheren Ich überlegen fühlt.“ (E. Hemingway – kein Deutscher, was kann der schon wissen, oder?)

    • Wolf says:

      „die AfD [..], deren Programm nicht anders ist als das der CDU/CSU vor zwanzig Jahren.“

      Auch so eine Behauptung, die durch Wiederholung nicht wahrer wird.

  2. Argonautiker says:

    Das Problem entstand dadurch, daß die demokratischen Parteien sich immer weiter von der Demokratie entfernt haben. Siehe Merkels autokratischer Entschluß, „Alle sind willkommen“. Siehe der Entschluss zur Bankenrettung, auf Kosten der Steuerzahler. Siehe GEZ Zwangsfinanzierung, Siehe Kriegseinsätze in Krisengebiete. Siehe Waffenlieferungen über Drittstaaten in Krisengebiete, die Flüchtlinge erst produzieren, etc, etc. Alles Dinge die in einer Demokratie eigentlich unmöglich sind.

    Da sollen sich diese Leute also nicht wundern, wenn sie auf einmal weg ist, die Demokratie, wenn sie sie ständig abgebaut haben. Das die Rechten dann irgendwann übernehmen, weil sie das noch besser können, ist nicht verwunderlich.

    Unserer Situation ist das Resultat der Regierung. Wer sollte auch sonst an der Situation im Land zuständig sein, als die Regierung? Der Bäcker ist verantwortlich für sein Backwerk, der ausführende Architekt für das entstandene Gebäude, der Politiker für die politische Situation im Land. Da gibt es kein vertun, diese Probleme sind alle Hausgemacht.

    Daraus entsteht die legitime Frage, war das so gewollt? Hat man das Land extra entdemokratisiert und autokratisch und totalitär pro Großkonzern regiert, bis die Menschen das nicht mehr tragen können, aufbegehren und es über Bürgerkriege und Kriege zu einer Zerstörung des Systems kommt, weil man schon ein neues System im Petto hat? Manipulatives kreatives Zerstören sollte ein Begriff sein.

    Sind die Rechten nicht vielleicht nur die dummen Sündenböcke, die nun ein vollkommen desaströs runtergewirtschaftetes Land, vollends an die Wand fahren sollen, und damit Geschichtlich die Schuld übernehmen? War das nicht vor dem 2. Weltkrieg ebenso, als man es der Hochfinanzkonzernen unter Druck des Versailler Vertrages, hinten und vorne reinschob? Und waren das damals nicht vornehmlich jüdische Finanziers die davon profitierten, (Rothschild, Baruch, Warburg, Kühn/Löb, etc., etc, aus der dann der allgemeine Judenhass hervorging, und man sich an den Kleinen verging, weil man an die Großen nicht ran kam, zumal sie das dritte Reich ja anfinanzierten?

    Heute hat man über die politische Gesetzgebung sicherlich 60-70% des Bruttosozialproduktes über Steuern und sogenannte Pflichtbeiträge sozialisiert. Das heißt zwei Drittel aller Leistungen der Menschen werden von da zentral gesteuert. Der Mensch kann damit gar nicht die Ursache für diese Situation sein, weil er gar nicht mehr über die Mittel verfügt, und der rechte Mensch schon gleich gar nicht, weil er trotz starkem Zulauf, immer noch in der Minderheit ist, und Minderheiten eignen sich immer besonders gut als Spündenbock. Nein, die Wenigen, welche die 60-70% des Leistungspotentials verwalten sind Urheber des Desasters, während sie ihre Schuld, ähnlich wie bei der Umverteilung der Schulden der Banken, nun den Rechten zuschieben wollen.

  3. Marc says:

    Richtig, eine breite solidarische Allianz ist die Antwort. Aber ohne grundsätzliche Politikwechsel wird es nicht gehen. 10 Thesen für den Kampf gegen Rechts.

    https://www.facebook.com/notes/carta/10-thesen-zum-kampf-gegen-den-rechtspopulismus/10154127485810079

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