Ki-Ka-Killerspiel


Da freut sich die Politikerseele. Da kann man einfache Lösungen anbieten. Sich positionieren. Sich anbiedern bei den ganzen Stammtischfuzzis, die in Computerspielen schon immer eine Gefahr gesehen haben. „Killerspiele verbieten“ tönt es jetzt hundertfach aus den Kehlen. Hätten sie doch mal den Abschiedsbrief des Amokläufers gelesen, in dem klassische Pubertätsprobleme, die eigentlich aus der Feder von 14-jährigen stammen müssten, von einem 18-jährigen geäußert werden. Aber nein, Killerspiele. Killerspiele allerorten verrohen unsere Jugend, unsere Zukunft. Was ein Quatsch.

Man kann durchaus kritisch fragen, ob die Computerdaddelei die Kids zu aufmerksamkeitsdefizitären Schülern macht. Man kann fragen, ob es nicht sinnvollere Beschäftigungen gibt als Leute virtuell abzumetzeln. Man kann fragen, warum so viele Leute auf das abfahren. Und man kann fragen, wie sich das auswirkt.

Aber. Es ist überhaupt nicht erwiesen, dass Killerspiele Menschen zu Killern machen.
Statt vernünftiger Fragen wird gebrüllt: Killerspiel. Killerspiel! Private Homepages, die den Abschiedsbrief abdrucken, werden von der Polizei belästigt und zensiert, während das Ding bei den großen Medien weiterhin stehen darf. Stattdessen wird versucht die virtuelle Scheinwelt des Amokläufers zu tilgen. Denn wir wissen ja wer Schuld ist – das Killerspiel.

2 Kommentare

  1. Lou Canova says:

    Die Diskussion ist ja zum Glück noch nicht abgeschlossen. Auch auf der Website vom Tagesspiegel geht es hoch her: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nachrichten/amoklauf-emsdetten-killerspiele/81544.asp#kommentare

    Ein kleiner Auszug, warum sich der Besuch der Seite lohnt:

    Neue Debatte über PC-Killerspiele

    Aslho sie müssen nciht die spiele strenger machen weil ich nie amok gehe.
    Die müsten denn waffengesetz strenger machen wie kommt der an die waffe sowas muss strenger machen

    Namenloser (21.11.2006 9:55 Uhr)

    Das Argument mit den Waffen ist trotz mangelnder Rechtschriebung richtig und gut. Eines muss allerdings auch gesagt werden: Es gab noch keinen Amokläufer, der nicht Counter Strike gespielt hat. Sehr schön übrigens auch heute im Feuilleton der Süddeutschen die Frage, warum uns Gewalt ästhetisch anspricht und warum sich Jugendliche diesen Bildern – die ja künstlich erzeugt werden – überhaupt aussetzen. Es kommt ja oft das Argument, dass die Tagesschau auch blutig wäre und deshalb dürfe Gewalt im Spiel nicht kritisiert werden. Dabei wird vergessen, dass die Tagesschau und die dargestelle Realität ja lieder nicht ändern kann, PC-Spiele aber schon.

  2. John F. Nebel says:

    Das Interessante an der Sache ist doch, dass tatsächlich versucht wird die komplette Web 2.0 – Identität des Amokläufers zu tilgen. Mit Hochdruck wird zensiert. Da verschwinden Beiträge, werden Webseite-Betreiber von der Polizei eingeschüchtert, werden Profile umgeschrieben, Videos rausgenommen. Das ist einerseits verständlich, weil auf den Videos Unbeteiligte zu sehen, deren Persönlichkeitsrecht in diesem Fall verletzt wird. Das ist eben auch Web 2.0. Mich hat es ja schon immer genervt, dass ich ungefragt bei Flickr auftauche. Die schöne heile Welt des user generated contents soll eben aus lustigen Homevideos bestehen…

    Auch schön wie Medien den Abschiedsbrief wiedergeben: da wird dann einfach die Stelle, wo Medien als Schuldige genannt werden weggelassen. So passiert bei RTL. Zum Vergleich der Originaltext.

    Auch schön: die Zensierer kommen der Geschwindigkeit von Neuveröffentlichungen nicht nach. Mittlerweile kann man sich die Materialien schon in Tauschbörsen runterladen. Was für ein Hype. Jetzt sind Gerüchte aufgetaucht, dass der Google-Index zensiert würde. Zutrauen würde ich das Google ja schon.

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