Bannmeilen um Flüchtlingsheime sind eine schlechte Idee

Foto: CC-BY-NC-ND Wiesbaden112.de (Flickr)

Rainer Wendt, Chef der Polizeigewerkschaft DPolG, forderte unlängst Bannmeilen um Asylbewerberheime. Nun mag dieser Vorstoß auf den ersten Blick und angesichts der massenhaften rassistischen Ausschreitungen verlockend klingen.

Doch auch wenn dieser Vorschlag gut gemeint sein mag, sollte man bei den Scharfmachern der DPolG aufpassen: Erstens schränken Bannmeilen die Versammlungsfreiheit ein. Sie sind momentan auf den Umkreis von Gesetzgebungsorganen, wie Bundestag oder Landtage beschränkt. Eine Ausweitung der Bannmeilenregelung um Asylbewerberheime würde Zonen, in denen Demonstrationen grundsätzlich erschwert sind, sehr stark ausweiten. Zweitens würde die Erweiterung des Bannmeilenbegriffs Begehrlichkeiten schaffen. Innerhalb kürzester Zeit kämen neue Bannkreise hinzu: Shoppingcenter, Sportstätten, Denkmäler, Einkaufszonen, wichtige Verkehrsachsen, usw.

Eine Verhinderung der rassistischen Gewalt von rechten Demonstrationen ist auch heute innerhalb bestehender Gesetze möglich. Erstens kann sich die Polizei bei Demonstrationen schützend um Asylbewerberheime stellen und zweitens schon heute diese Demonstrationen mit Auflagen (andere Route, usw.) belegen, wenn der Verlauf der Versammlung Unfriedlichkeit und Gesetzesverstöße erwarten lässt.

Da diese Möglichkeiten – wie zuletzt in Dresden – augenscheinlich nicht ausgeschöpft werden, ist die geforderte Ausweitung der Bannmeile nichts anderes als ein Grundrechteabbau im schönen Gewand des Flüchtlingsschutzes.

Update:
Flüchtlingsrat und Linke in Brandenburg unterstützen die Bannmeilen-Idee, meldet die MAZ.

2 Kommentare

  1. QUATSCH says:

    Demonstrationen richten sich an alle die politisch mitwirken können, die Zivilgesellschaft im allgemeinen oder politisch direkt in Verantwortung stehende, durch Inanspruchnahme deren öffentlicher Räume. Das ist bei Demonstrationen vor Flüchtlingsheimen nicht gegeben. Flüchtlinge haben kein politische Mitspracherecht, sondern bewegen sich in einen ihnen vorgegebenen Rahmen, auf den sie selber keinen Einfluss haben. Damit sind Flüchtlinge für politische Demonstrationen die falschen Adressaten. Es ist sogar gerade anders herum: Flüchtlinge stehen unter expliziter Schutzherrschaft des Staates, bereits im Prüfungsverfahren. Und das bedeutet auch Schutz vor politischer Partizipationswirkung durch Dritte (Demonstrationen), auf die sie selber keinen Einfluss haben. Das ist bei Shoppingcenter, Sportstätten, Denkmäler, Einkaufszonen, wichtige Verkehrsachsen, usw. nie gegeben, da es sich hierbei nicht um Schutzräume handelt, und diese allgemein öffentlich zugänglich sind.

    Das Argument des Autors ist ein typisches Dammbruch Argument, das sich jeder Grundlage entzieht.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Dammbruchargument

  2. John F. Nebel says:

    Leider ist das Dammbruch-Argument in Sachen Grundrechte sehr real. Was einmal an Überwachungsmaßnahmen eingeführt ist, wird ausgeweitet. Was einmal an Daten gesammelt wird, wird genutzt. Was einmal an Privatsphäre abgeschafft ist, wird nie wieder hergestellt. Wenn einmal Zensur gegen Kinderporno eingeführt ist, wird sie ein paar Jahre später gegen andere Straftaten eingesetzt (z.B. Urheberrecht) und dann irgendwann gegen politische Inhalte. Das ist leider die bittere Realität, diese Erfahrungen sind in Sachen Grund- und Bürgerrechte nicht von der Hand zu weisen. Dammbruch ist in Sachen Grundrechteabbau die Grundlage, wie es eben abläuft. Und bei Grundrechten kann ich eben auch nicht schauen, gegen wen es sich richtet, denn Grundrechte gelten für alle gleichermaßen. Was einmal gegen Rechte eingeführt wird, kann blitzschnell gegen Linke eingesetzt werden. So wurde nach der Hooligan-Datei nach ein paar Jahren dann die Linksmotivierte Straftäter Datei eingeführt. Als Grund- und Bürgerrechtler muss man deswegen bei allen Einschränkungen auf der Hut sein…

    Und ich stimme dir natürlich zu, dass Geflüchtete einen besonderen Schutz genießen sollten. Nur kann ich den auch erstmal auf Grundlage existierender Gesetze einfordern und umsetzen, ohne andere Grundrechte zu beschneiden.

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